Wenn alles zusammenpasst

Ein „Sportfahrer“ auf der digitalen Überholspur

ROTHENBURG – „Die beste Kamera ist die, die man immer dabei hat“, findet Timo Gerlitz. In seinem Fall ist das nicht etwa eine sperrige Spiegelreflexkamera, sondern sein Smartphone. 1535 Fotos hat er damit schon geschossen, viele davon sind einzigartige Momentaufnahmen. Mit den Bildern bestückt er seine Seite auf der Foto-Plattform „Instagram“ im Internet, die schon 39800 Menschen abonniert haben. Besonders gerne setzt er dafür die familieneigenen Oldtimer in Szene.

Es hätte auch ganz anders kommen können: Das Internet ist voller Katzenbilder, Selbstporträts („Selfies“) und Fotos mal mehr und mal weniger appetitanregender Mahlzeiten. Doch die „Motorsport-Gene“ der Gerlitz-Männer setzten sich letztlich dann doch durch. „Die Autobilder gelangen mir einfach am besten“, erklärt Timo, der seit 2011 Fotos auf „Instagram“ veröffentlicht.

Mit einer Kuh auf dem Timmelsjoch.

Mit einer Kuh auf dem Timmelsjoch.

Anfangs hatte er lediglich 300 bis 400 Abonennten für seine Seite. Erst zum Jahreswechsel 2014 nahm das Interesse zu. So richtig durch die Decke gingen die Zahlen dann allerdings, als kurze Zeit später BMW eines seiner Fotos mit „gefällt mir“ markierte und es so seinen 4,7 Millionen Abonnenten vorstellte. Seine Fotos veröffentlicht er unter dem Namen „Sportfahrer“, eine Reminiszenz an die gleichnamige Autozeitschrift aus den 70er Jahren. Im Laufe der Zeit konnte Timo auch durch Schützenhilfe anderer in der Motorsport- und Oldtimerszene bekannten „Instagram“-Nutzer stattliche 39800 Abonnenten gewinnen.

Wobei der weit wichtigere Gradmesser für die Beliebtheit der Fotos für den 24-jährigen Rothenburger die Zahl der „gefällt mir“-Angaben für das jeweilige Foto ist. Sein erfolgreichstes Bild bekam 3500 solcher positiver Reaktionen, im Durchschnitt sind es meist um die 1300. Und dass man trotz der Anonymität des Internets dennoch zwischenmenschliche Gepflogenheiten hoch hält, beweist er ebenfalls. „Wenn sich jemand die Mühe macht mein Foto zu kommentieren, antworte ich ihm natürlich darauf“, versichert Timo.

Doch eine Unterstützung für die digitale Reichweite durch Dritte ist ja schön und gut. Letztlich kommt es aber vor allem auf eine Sache an: richtig gute Fotos. Und die hat der BWL-Student zweifellos. Er legt großen Wert darauf, dass sie mehr als nur gefällig sind, sondern auch eine künstlerische Komponente haben, etwa durch einen besonderen Hintergrund oder einen ungewöhnlicheren Winkel. Alle Fotos schießt er mit seinem iPhone und bearbeitet sie vor dem hochladen mit einem Filter, der die Farben ein wenig wärmer macht.

Als Statist vor Containern im Hamburger Hafen.

Als Statist vor Containern im Hamburger Hafen.

Aber nicht jedes Auto hat es verdient vom „Sportfahrer“ für ein Foto auserwählt zu werden. Es müssen schon Oldtimer sein, aus den 60er, 70er oder 80er Jahren. Die meisten Autos, die Timo ablichtet, sind also älter als er selbst. Dass dann ausgerechnet der Bayerische Autobauer auf ihn aufmerksam wurde, kommt nicht von ungefähr: Viele seiner Bilder zieren die fünf Familien-Oldtimer – aus dem Hause BMW und Porsche –, die auch jeden Sommer ausgiebig bewegt werden. Darunter befindet sich auch ein BMW Alpina, der es durch eine glückliche Fügung kürzlich auf das Titelbild eines Buchs zur 50-jährigen Firmengeschichte von Alpina schaffte, worauf Timo schon sehr stolz ist. Bei BMW war man so begeistert von seinen Fotos, dass er angefragt wurde, für das Unternehmen eine Fotoreise zu machen (diesmal ausnahmsweise mit der Spiegelreflexkamera).

Und auch für die Auto Bild war er schon als Setassistent und Fahrer in Südfrankreich unterwegs. Die eigenen Autos fotografiert er mal auf Reisen, wie beispielsweise in den Dolomiten, auf der Fahrt zur Mille Miglia , dem Oldtimer-Rennklassiker in Italien, oder an ausgewählten Orten in seiner Heimatstadt Rothenburg.

Mindestens ebenso interessant wie diese inszenierten Aufnahmen sind jene Fotos, die aus purem Zufall auf der Straße entstehen. Egal ob in Berlin, Hamburg oder London, es kommt einem fast immer ein fotowürdiges Exemplar vor die Linse. Es kann also auch sein Gutes haben, wenn man das Handy immer griffbereit hat. Aber auch hier gilt für ihn: nicht nur ein Foto um des Fotos willen machen. Er legt auch da Wert darauf, dass es eine besondere Wirkung hat, schließlich ist er keiner dieser „car spotter“, die es lediglich auf die teuersten Autos abgesehen haben. Er selbst hat noch einige motorisierte Klassiker im Hinterkopf, die er gerne mal fotografieren möchte.

Besonders gelungen ist ihm der „Schnappschuss“ eines roten Porsche 911, der in Paris plötzlich auf der Straße an ihm vorbei fuhr. „Es ist ein perfektes Bild, weil kein neues Auto im Weg ist“, freut sich Timo heute noch über sein Glück. Und manchmal entdeckt der Besitzer sein Auto auf Timos Seite und man kommt darüber in Kontakt. „Es ist schön, die Leute hinter den Fotos kennenzulernen“, sagt der Student. Zusammen mit einem „Instagram“-Nutzer aus Paris fuhr er beispielsweise einmal auf dessen alten Motorrad durch die Seine-Metropole. Und heuer wollen sie sich für Oldtimer-Fotos wieder treffen.

An der Motorhaube des eigenen Alpina lehnend: Timo Gerlitz weiß Autos richtig gut in Szene zu setzen.   Fotos: Timo Gerlitz/Instagram

An der Motorhaube des eigenen Alpina lehnend: Timo Gerlitz weiß Autos richtig gut in Szene zu setzen. Fotos: Timo Gerlitz/Instagram

Man kann schon sagen die männlichen Vertreter der Gerlitz-Familie haben Benzin im Blut. Während der Opa das Goldene ADAC-Motorsport-abzeichen bekam und auch der Vater in den 80er Jahren recht erfolgreich Rallyes bestritt, ist der Junior aber eher im nicht kompetitiven Maße an Oldtimern und Motorsport interessiert. Timo ist auch kein Schrauber, da er davor „zuviel Respekt“ habe und dies lieber den Profis überlässt. Er sammelte aber schon immer alte Testberichte, Prospekte und Zubehör. Sein ganz besonderer Schatz ist eine original BMW-Motorsportjacke aus den 70er Jahren von seinem Vater, die er gerne auch bei Oldtimer-Veranstaltungen trägt.

Design, Technik, der ganz eigene Charme: Diese drei Dinge sind es, die Timo besonders an Oldtimern begeis­tern. Mit seinen Fotos – inszeniert oder spontaner Natur – möchte er seine Leidenschaft für die Klassiker auf künstlerische Weise mit anderen teilen. Seine Fotos sind bei zahlreichen Nutzern beliebt, wodurch sich sein Hobby nach und nach in eine semi-professionelle Richtung entwickelt. Für ihn stehe aber immer noch im Vordergrund, diejenigen Bilder zu veröffentlichen, die er selbst gut findet und nicht jene, die möglicherweise die Aufmerksamkeit der Agenturen auf sich ziehen, um so an Jobs zu kommen. Eine gewisse Planung fließt nicht nur in einen Teil der Fotos, sondern auch wann er sie auf „Ins­tagram“ hochlädt. Es gebe Zeiten, da ist es ganz schlecht, wie Freitag nachmittags. Optimal ist sonntags zwischen 19 und 23 Uhr, wenn die Leute Zeit haben zum Schauen. mes

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