Die Bestattung im Kirchenraum

Wertvolle Arbeit: die städtische Kulturbeauftragte Johanna Kätzel ist unter die Autoren gegangen

ROTHENBURG – Als Jahresgabe bietet der Verein Alt-Rothenburg seinen Mitgliedern einen kunstgeschichtlichen Leckerbissen: Johanna Kätzels Studie über „Das Grabmal des Hans von Peulendorf und seiner Frau Margarethe von Ehenheim“ in der Franziskanerkirche.

Besonderheit: das monumentale Figurengrabmal. Foto:sis

Besonderheit: das monumentale Figurengrabmal. Foto:sis

Eine interessante Lektüre für Geschichtsinteressierte und Kulturfreunde. Vorstand und Ausschuss des Vereins Alt-Rothenburg freuen sich, die verdienstvolle Arbeit von Johanna Kätzel durch die Aufnahme in die Reihe der Vereinsjahrbücher einem breiten Leserkreis zugänglich machen zu können. Das Buch kann für 9,80 Euro im Stadtarchiv sowie im örtlichen Buchhandel erworben werden. Wer das Büchlein unter den Tannenbaum legen will, muss sich sputen.

Auf 179 Seiten beschreibt und erklärt Johanna Kätzel exemplarisch das Wesen spätmittelalterlicher Epitaphien. Rothenburgs Kirchen sind relativ arm an figürlichen Grabmälern. Die Johanniskirche beherbergt eines für Jörg von Scharstett (verstorben 1459) und ein weiteres für Wolfram Geisendörfer (1455). In der Spitalkirche befindet sich das Epitaph des Grafen Otto von Flügelau (1317). Und in der Franziskanerkirche haben sich die Großplastiken des Peter Kreglinger (1404), des Dietrich von Berlichingen (1484) und eben die des Peulendorf-Ehepaars erhalten.

Als Säulengrabmal und als Doppelgrabmal ist Letzteres zunächst rein äußerlich schon etwas Besonderes. Aber auch seine Aussage hebt es über viele zeitgenössische Vergleichsobjekte hinaus, es handelt sich nicht um ein „Standardgrabdenkmal“. Denn hier wird das Selbstverständnis des spätmittelalterlichen Adels sehr deutlich: Wie sehe ich mich, wie will ich von meinen Mitmenschen (und der Nachwelt) gesehen werden? Johanna Kätzel hat sowohl das Kollektive wie das Individuelle herausgearbeitet und die Eheleute zum einen als Vertreter ihres Standes, zum anderen aber auch als unverwechselbare Persönlichkeiten charakterisiert. Zu diesem Zweck hat sie in gründlicher Forschungsarbeit den sozialen und familiären Hintergrund des adeligen Paares recherchiert und ist sehr genau und kenntnisreich auf Rüstung und Kleidung eingegangen.

Die spezielle kunsthistorische Arbeit, zu der man ein diffiziles Handwerkszeug benötigt, wird durch eine stilistische und formale Einordnung, etwa durch den Vergleich mit den Werken Riemenschneiders oder den Ansbacher „Schwanenrittern“, geleistet. Zu beiden existieren deutliche Parallelen.

Unmittelbar östlich des figürlichen Denkmals ist die schlichte steinerne Grabplatte des Ehepaars –mit einer Inschriftentafel aus Messing – in den Boden eingelassen. Wer sich für die Rothenburger Geschichte und Kunst interessiert, sollte sich bei einem Besuch der Franziskanerkirche ein biss­chen Zeit lassen und das Peulendorf-Grabmal genauer studieren.

Das Vorwort hat Dr. Markus Naser geschrieben. Der seit Anfang des Jahres amtierende Vorsitzende von Alt-Rothenburg ist voll des Lobes über das „hervorragende Werk“. Johanna Kätzel hat das Peulendorf-Grabmal vor dem Hintergrund der spätmittelalterlichen Gesellschaft mit ihrer tiefen Frömmigkeit, ihrem ausgeprägten Standesbewusstsein und der daraus resultierenden elaborierten Begräbniskultur betrachtet.

Ihr Buch werde dadurch zu weit mehr als „nur“ einer wissenschaftlichen Abhandlung über ein spätmittelalterliches Grabmal. „Es wird zu einer gelungenen Einführung in die Welt des Mittelalters“, Dass die Arbeit allen wissenschaftlichen Standards vollauf genügt und zahllose Literaturverweise und Quellenbelege enthält, mache die Arbeit umso wertvoller.

In einem persönlichen Schreiben an die Mitglieder, das der Jahresgabe beiliegt, ist der Vorsitzende zuversichtlich gestimmt. Seiner vordringlichsten Aufgabe sieht er sich ein Stück nähergekommen: Das ziemlich angespannte Verhältnis zwischen Verein und Vertretern der Stadt wieder zu normalisieren, um gemeinsam die Zukunft Rothenburgs gestalten zu können.

Zu dieser Zukunft gehöre vor allem die Bewahrung der Zeugnisse der Vergangenheit, des materiellen und immateriellen kulturellen Erbes. Dafür sei der Verein Alt-Rothenburg immer eingetreten und daran werde sich auch nichts ändern. „Im letzten Jahr haben wir das aber wieder mit den Vertretern der Stadt und nicht in Opposition gegen die Stadtverwaltung gemacht“, so Dr. Naser wörtlich.

Für diese „fruchtbare Zusammenarbeit“ sei er OB Walter Hartl und Stadtbaumeister Michael Knappe dankbar. Der Vorsitzende freut sich nach eigenen Angaben darauf, „auch zukünftige Herausforderungen gemeinsam angehen zu können“. Natürlich hat der Verein auch dieses Jahr erfolgreiche Projekte fortgesetzt. Dazu gehörten neben der Jahresgabe die Herausgabe der Zeitungsbeilage „Die Linde“, die winterliche Vortragsreihe, die Betreuung des Röderturms, die Instandhaltung der vereinseigenen Immobilien.

Zu drei verschiedenen Anlässen hat der Verein dieses Jahr seine Publikationen einer breiten Öffentlichkeit präsentiert: zur Frühlings-Stadtmos­phäre, zum „Fest der Vielfalt“ und zum „Tag des offenen Denkmals“. In Zusammenarbeit mit der Stadt erarbeitet Alt-Rothenburg momentan eine Liste von denkmalgeschützten Objekten außerhalb der Altstadt und bereitet in Kooperation mit ortsansässigen Firmen die Sanierung von baulichen Details in der Altstadt vor, um diese vor dem drohenden Verfall zu bewahren: darunter Sandsteinfiguren, Türen und Wappensteine. rs/sis

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