Verneigung vor dem Aufrechten

Des Kurienkardinals Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst und seines Freundes Franz Liszt gedacht

SCHILLINGSFÜRST – Er war einer der bedeutendsten Söhne aus dem Hause Hohenlohe-Schillingsfürst: der römische Kurienkardinal Gustav Adolf (1823 bis 1896), der „Kirchenfürst zwischen Rom und fränkischer Provinz“. Gedenkveranstaltungen waren seiner Freundschaft mit dem Komponisten Franz Liszt an dessen Denkmal im Kardinalsgarten und seinem Lebenswerk beim Vortrag im Schloss gewidmet.

Großes Interesse: Der Musiksaal des Schlosses ist voll besetzt. Foto: Schwandt

Großes Interesse: Der Musiksaal des Schlosses ist voll besetzt. Foto: Schwandt

Fürst Constantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst freute sich als Hausherr über das große Interesse an dem prominenten Sohn derer von Hohenlohe-Schillingsfürst. Im bis auf den letzten Platz gefüllten Musiksaal des Adelssitzes lenkte Wolfgang Osiander, Gymnasiallehrer am Platengymnasium in Ansbach für Deutsch, Geschichte und katholische Religion, bei seinem höchst interessanten Vortrag die Aufmerksamkeit auf den Kurienkardinal und auf den Vatikan in einer Zeit, in der die Welt in die Moderne aufbrach. Er beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit dem Leben und Wirken des Kardinals zu Hohenlohe-Schillingsfürst und ist von ihm fasziniert, denn der Kirchenmann sei „immer etwas gegen den Strom geschwommen“. Selbst wenn von ihm keine Schriften mehr vorhanden sind, so sei der Briefwechsel mit seinem Bruder aufschlussreich und gebe Einblicke in das Denken und Handeln des geistlichen Würdenträgers. Anita Biehl, Leiterin der Volkshochschule Schillingsfürst, hatte mit Wolfgang Osiander als Referenten eine gute Wahl getroffen.

In Außenseiter-Position

Am 22. Juni 2016 jährt sich zum 150. Mal die Erhebung des damals 43-jährigen Gustav Adolf von Hohenlohe-Schillingsfürst zum Kardinal. Mit seinem neuen kirchlichen Titel, den er 1866 erhielt, musste er den weltlichen Titel „Prinz“ ablegen. Neben Gustav Adolf gab es mit August Graf von Reisach nur noch einen weiteren deutschen Kardinal in der von Italienern dominierten römischen Kurie.

Die Kardinalsweihe markiert den Höhepunkt in der kirchlichen Karriere des Sohnes aus dem Haus Hohenlohe-Schillingsfürst, denn er befand sich zum damaligen Zeitpunkt – vier Jahre vor dem Ersten Vatikanischen Konzil – bereits in einer Außenseiterposition. Die Frage nach dem Unfehlbarkeitsdogma, das im Vatikanischen Konzil behandelt werden sollte, stand im Raum. Die anderen mit Gustav Adolf ernannten Kardinäle waren Vertreter der „ultramontanen, streng konservativen, antiliberalen und antimodernistischen, dem Papst ergebenen Linie“.

Prinz Gustav Adolf von Hohenlohe-Schillingsfürst wurde am 26. Februar 1823 in Rotenburg an der Fulda geboren. Sein Vater, Franz Josef zu Hohenlohe-Schillingsfürst, war katholisch, die Mutter, Constanze von Hohenlohe-Langenburg evangelisch. Die Söhne wurden gemäß der Konfession des Vaters katholisch getauft und erzogen. Prinz Gustav Adolf wurde auf Schloss Schillingsfürst von einem Hauslehrer unterrichtet, bevor er für kurze Zeit das Gymnasium Carolinum in Ansbach besuchte. Bedingt durch den Umzug der Eltern nach Corvey wechselte Gustav Adolf auf das Gymnasium in Erfurt.

1843 studierte er zunächst Jura, entschied sich dann aber für eine geistliche Laufbahn und begann in Breslau Theologie zu studieren. Großen Einfluss auf seine theologische Entwicklung hatten Melchior von Diepenbrock (ab 1845 Bischof von Breslau) und Professor Ignaz von Döllinger in München, wo von Hohenlohe-Schillingsfürst seine Studien fortsetzte. Die theologische Fakultät der Universität München hatte zu dieser Zeit einen hervorragenden Ruf. Jedoch lehnten später alle drei Professoren, bei denen Gustav Adolf studierte, die Dogmatisierung der Unfehlbarkeit des Papstes ab. Professor Döllinger wurde aufgrund seiner Weigerung, die Beschlüsse des Konzils anzuerkennen, sogar exkommuniziert.

Große Nähe zum Papst

Im Alter von 23 Jahren studierte Hohenlohe-Schillingsfürst Theologie in Rom mit dem Ziel, im diplomatischen Dienst der katholischen Kirche Karriere zu machen. Am 17. Juni 1846 wählten die in Rom versammelten Kardinäle in einem zweitägigen Konklave Pius IX. zum neuen Papst. Die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in Rom wurden zunehmend schwieriger, es kam zu revolutionären Unruhen, die Papst Pius IX. zum Verlassen der Stadt zwangen. Gustav Adolf begleitete den Papst auf dessen Flucht nach Gaeta, wurde dort 1849 zum Priester geweiht und bekleidete fortan die wichtige Position des päpstlichen Kammerherrn.

Zurück in Rom wich Pius IX. von seiner liberalen Haltung ab und zielte auf eine Zentralisierung der katholischen Kirche unter päpstlicher Führung. Von Hohenlohe-Schillingsfürst wurde Geheimkämmerer, war Mitglied des päpstlichen Haushalts, hatte Zugang zum Papst und stand in einem engen Vertrauensverhältnis. Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst plante aufgrund der Entwicklungen in Rom seine Rückkehr nach Deutschland, dort wollte er Bischof werden. Doch er kam weder in Breslau, noch in Freiburg im Breisgau zu Zug, auch in Köln und Posen wurden andere Bischöfe gewählt.

In den fünfziger und den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts steuerte die Entwicklung in der Kirche auf eine Spaltung des katholischen Lagers in Konservative und Liberale zu. Gustav Adolf stand hoch in der Gunst des Papstes und wurde 1857 zum Großalmosenier (Leiter des päpstlichen Almosenamtes) ernannt, ein Karrieresprung, der mit dem Aufstieg in den Bischofsrang verbunden war: Hohenlohe wurde zum Titularbischof von Edessa.

1859 begann die Freundschaft mit dem Komponisten Franz Liszt, dem er 1865 die niederen Weihen (heute etwa die Weihe zum Diakon) spendete. Im Jahr 1864 veröffentlichte Papst Pius IX. die Enzyklika „Quanta cura“, in dieser werden fast alle gesellschaftlichen und politischen Strömungen des 19. Jahrhunderts verurteilt: etwa der Liberalismus mit seinen Forderungen nach Religions-, Gewissens-, und Pressefreiheit. Zudem verbot der Papst den italienischen Katholiken, sich an Wahlen zu beteiligen. Auch wurden nationale Bischofskonferenzen verboten und die Bischöfe zu regelmäßigen Besuchen in Rom verpflichtet.

Gustav Adolf von Hohenlohe-Schillingsfürst erkannte die Zeichen der Zeit und entwickelte sich zum Vertreter eines liberalen, weltoffenen Katholizismus. Der Kirchenstaat schien so nicht mehr in die Zeit zu passen. Er bemühte sich um Ausgleich und Verständigung mit den staatlichen Institutionen in Deutschland und Italien. Aus dieser Haltung heraus ist auch seine Ablehnung des Dogmas von der päpstlichen Unfehlbarkeit zu sehen: dem ersten Vatikanum sieht Kardinal Hohenlohe mit großer Skepsis entgegen. Am 8. Dezember 1869 eröffnete Papst Pius IX. das Konzil feierlich.

Etwa 700 Bischöfe waren anwesend, 35 Prozent von ihnen waren Italiener, 17 Prozent der Teilnehmer kamen aus Frankreich, Deutschland und Österreich-Ungarn waren mit knapp 10 Prozent vertreten. Obwohl das Unfehlbarkeitsdogma offiziell im Konzil zunächst keine Rolle spielte, verfassten einige Bischöfe eine Petition zugunsten des Dogmas, die 450 Konzilsväter unterschrieben. Gegner der Definition der Unfehlbarkeit starteten ebenfalls eine Unterschriftensammlung, die 135 Konzilsteilnehmer unterzeichneten. Am 18. Juli 1870 wurde die Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit vom Konzil verabschiedet.

Auf Bismarcks Rechnung

Kardinal Hohenlohe verließ im September 1870 Rom und reiste nach Schillingsfürst, wo er einige Räume im Schloss bezog. Dort „befand er sich sehr zufrieden“, hatte er doch eine Kapelle. Zudem lobte er das Schloss mit seiner schönen Lage, die gute Luft und den „Ort mit den Leuthen, die doch gut und anhänglich sind“. Später erwarb er ein Haus in der Neuen Gasse, wo er mit seinem Diener wohnte.

Er gründete die Mädchenschule im sogenannten Salmschlösschen, plante diese als ein „internationales Mädchenerziehungsinstitut“ in Verbindung mit einem Kloster der Armen Schulschwestern. Otto von Bismarck wollte Hohenlohe-Schillingsfürst zum neuen Gesandten des Reiches beim Heiligen Stuhl einsetzen, die Annahme dieses Amtes wurde dem Kardinal jedoch von Rom aus verweigert.

1876 kehrte Kardinal Gustav Adolf nach Rom zurück, nach einem 32 Jahre dauernden Pontifikat starb im Februar 1878 Papst Pius IX. und Papst Leo XIII. wurde zum Papst gewählt. 1879 wurde Kardinal Hohenlohe Kardinalbischof von Albano, er legte dieses Amt jedoch vier Jahre später nieder und war als Erzpriester in der römischen Basilika Santa Maria Maggiore tätig.

Am 10. Oktober 1883 stattete Kardinal Gustav Adolf von Hohenlohe-Schillingsfürst aus Rom kommend seinem alten Lehrer, Ignaz von Döllinger, einen Besuch ab. Ein Affront für katholische Würdenträger, schließlich war Döllinger seit zwölf Jahren exkommuniziert. Man beschimpfte Kardinal Gustav Adolf als „Trojanisches Pferd“ in der katholischen Kirche, warf ihm seine protestantische Mutter und seinen Vornamen Gustav Adolf vor.

Dekan und die „Bassgeige“

Seine letzten Jahre verbrachte Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst zurückgezogen in Rom, in Tivoli in der Villa d’Este und auf Reisen. Freunde berichten: „Der alte Cardinal Hohenlohe hat unsere Herzen erobert. Seine feinen Witzchen und halb verschluckten Zweideutigkeiten machen sich zu dem geistlichen Gewande sehr nett. Dazwischen zählt er ernste und interessante Geschichten aus dem intimen Leben der römischen Geistlichkeit.“

Am 30. Oktober 1896 verstarb Kardinal Gustav Adolf von Hohenlohe-Schillingsfürst in Rom und wurde auf dem Campo Santo Teutonico nahe der Basilika St. Peter beigesetzt. Aus dem Nachlass des Kardinals befinden sich zwei Messgewänder im Besitz der katholischen Kirchengemeinde, eines davon, eine „Bassgeige“ (abgeleitet von der Form), hatte Dekan Hans-Peter Kunert mitgebracht.

Zum Schluss wurde noch eine Frage angesprochen: Warum man der früheren Mädchenrealschule, nachdem sie jetzt auch von Buben besucht wird, den Namen „Edith-Stein-Realschule“ gegeben habe? Schließlich sei Kardinal Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst der Gründer und wäre somit ein passender Namensgeber gewesen. Die Entscheidung sei wohl in Bamberg gefallen, verlautete aus der Schulleitung, man habe Kardinal Gustav Adolf auf der Wunschliste geführt. Man hätte den Bamberger Erzbischof vielleicht zum Vortrag einladen sollen, war zu hören, dann hätte es vielleicht mit der Namensgebung „Kardinal-Gustav-Adolf-von-Hohenlohe-Schillingsfürst-Realschule“ geklappt. -sw-

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