Frische-Rüben-Schau
Ein kulturelles Zentrum der künstlerischen Auseinandersetzung?
ROTHENBURG – Ob eine Ausstellung berührt oder nicht, ob sie ein kreativer Erfolg wird, das hat sicherlich mit ihrer Emotionalität zu tun.
„Auch wir haben wieder frische Rüben ausgegraben“, betiteln die treibenden Kräfte des Rothenburger Künstlerbundes das Ergebnis ihrer künstlerischen Auseinandersetzung – symbolisiert durch einen bunten Osterhasen. Die Welt ist so vielfältig, dass vieles darin Platz und seine Berechtigung hat.
Was die acht Mitglieder der neuen Gemeinschaftsschau in der Fleischhalle am Marktplatz zu der speziellen Idee inspiriert hat? Vielleicht spannende Zusammenhänge, die ungewöhnlich sind? Umso ernüchternder ist die Antwort des Malers und Bildhauers Patrick Riefer-Kraus: „Zu Ostern gehört der Hase und dazu habe ich die Rübe kreiert“. Die Beschreibung klingt nicht gerade prickelnd. Der Einfall kam ihm auch durch die Schülerausstellung im Vorfeld, bei dem „junges Gemüse“, wie er sagt, Arbeiten aus dem Kunstunterricht präsentierte.
Seine großformatigen Frauenbildnisse fallen ins Auge. Eine nackte Schönheit in einer Art erotischer Kamasutra-Stellung mit mystisch bemalter Rückansicht. Andere Motive zeigen ein tiefes Rückendekollete bis zum wohlgeformten Po, kunstvoll mit gefaltetem Stoff behängt, eine käufliche Blondine in ihrem Liebeslager aus weichen Decken und Kissen. Vor einer Säule in dem Gewölbe hat der Künstler einen bemalten Wandschirm drapiert mit realer Körperform-Wiedergabe: Schlanke Frauenbeine elegant in schwarzen Nahtstrümpfen mit Strapsen und schrittsicher auf hochhackigen Schuhen.
„Die ganze Welt reduziert sich auf die Ware und dieses Thema fließt spitzfindig in meine Arbeiten mit ein“, sagt er. Auf einem anderen Bild lässt er das Stadtoberhaupt über Finanzprobleme und die Rettung der Stadt sinnieren: „Ob hier ein Trunk über 7,5 Liter ausreichend sein wird?“ Über die eigenen Arbeiten spricht Patrick Riefer-Kraus nur ungern. „Was will uns der Künstler sagen?“ hält er für den falschen Ansatz. Viel spannender sei – auch für ihn – die Frage: „Was macht das Bild mit mir?“ Einfach lässt sich das allerdings nicht beantworten.
Zumal seine Bilder mehrere Betrachtungsweisen bereithalten. „Ich liefere die Idee, was man daraus macht, ist jedem Betrachter selbst überlassen“, sagt er. Bei professionellen Ausstellungen ist es üblich, dass zur Vernissage fachlich in die Arbeiten eingeführt wird und es Erläuterungen zum inhaltlichen und gestalterischen Konzept gibt als lebendige und unterhaltsame Wissensvermittlung.
Bei der Künstlerbund-Vernissage vermisst der Besucher solche Informationen. Und was soll er mit handgekritzelten Bilderbeschriftungen anfangen, die fast nicht leserlich sind. Dem Urheberrecht widmete sich der Vorsitzende Peter Nedwal bei der neuen Jahresausstellung, denn Kunstwerke sind urheberrechtlich geschützt.
Das Urheberrecht ist freilich auch ein zweischneidiges Schwert, räumte der Künstler ein. Es schützt die Kunst nicht nur, sondern kann sich auch gegen sie richten. Ansonsten kein Wort zur Kunst und auch nicht zu den ausstellenden Künstlern. Bei der Stadtverwaltung war diesmal keine Einladung zur Vernissage eingegangen, was für Verwirrung sorgte.
Es handelte sich aber nicht um eine Retourkutsche des Künstlerbundvorsitzenden wegen der Blindenstadtmodell-Entscheidung, sondern um ein Versehen des Vereins. „Ich bin froh, dass auch anderen Fehler passieren“, sagte Bürgermeister Kurt Förster in seinem Grußwort und wünschte der Ausstellung „viel Erfolg“.
Emotional und spannend war die Musik. Trompeter Jan Peter Scheurer und Klarinettist Wolfgang „Muffel“ Weth spielten gemeinsam fünf kleine Musikstücke von Herbert „Happy“ Ferstl, die zum ersten Mal vor Publikum aufgeführt wurden, eine Uraufführung. Dem Marsch folgte ein Klagelied, dem Walzer ein Tango und den Schlusspunkt setzte eine Polka. Das neue Musik-Duo würde man gern noch öfter hören. sis
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