Fürstlicher Falkenhof
Schillingsfürster Schlossherr und drei Falkner gehen gemeinsame Wege
SCHILLINGSFÜRST – Neuanfang zeichnet sich ab: Schloss Schillingsfürst hat wieder einen Falkenhof, der am Maifeiertag mit Flugvorführungen in die Saison startet. Drei erfahrene Falkner trainieren die sensiblen Greifvögel, die sich beim Üben mitunter wie Diven oder Machos verhalten. „Jedes Tier hat seinen eigenen Kopf“, verrät Andreas Ritz, der wie seine beiden Mitarbeiter die Marotten der gefiederten Freunde liebevoll-verzeihend erträgt.
Fürst Constantin (63) ist es gelungen, die Lücke zu schließen, die durch den unrühmlichen Abgang des Bayerischen Jagdfalkenhof-Betreibers wegen der mangelnden Zahlungsmoral entstanden ist. Der aus der österreichischen Linie der Familie Hohenlohe stammende Schillingsfürster Schlossherr und Diplom-Ingenieur aus Wien nahm die Sache in die Hand und gründete einen „Fürstlichen Falkenhof“ mit drei angestellten Falknern, die er schon länger kennt. Als Betriebsleiter setzte er Andreas Ritz aus Unteroestheim ein, der auf einem Bauernhof im Rothenburger Ortsteil Schnepfendorf unterstützt von Frau, Sohn und ehrenamtlichen Helfern eine Auffangstation für kranke und verletzte Greifvögel betreibt.
Auf dem Falkenhof arbeitet er mit zwei bekannten Kollegen zusammen: Tobias Kranz aus Fichtenau und Gesa Lottmann, eine aus Norddeutschland zugereiste Schillingsfürsterin. Neben der Fütterung, Pflege und dem Training der Greifvögel gibt es viel zu tun. Im Schlossgraben müssen zusätzliche Voliere und Unterstände gebaut werden für die bis zu 45 Bewohner: Falken, Adler, Geier, Eulen und Milane. Die Haltung von Greifvögeln ist in Deutschland streng reglementiert und wird staatlich kontrolliert, unter anderem durch die vorgeschriebene tierärztliche Bestandsbetreuung. Ohne eine bestandene Falknerausbildung darf niemand Raubvögel halten. Darüber hinaus ist jede einzel-ne Einrichtung genehmigungspflichtig.
Schlossverwaltung und Falkner arbeiten auch am Aufbau eines Falknereimuseums und eines Eulengartens. Die Freiluft-„Manege“ für Flugvorführungen trägt momentan noch ihr Winterkleid. Nach der Schneeschmelze beginnt drumrum die Aufstellung der Zuschauerkulisse. Steinadler „Aslan“, Gänsegeier „Bubi“, Bartkauz „Gunar“, Steppenadler-Weibchen „Anouk“, drei Saker-Falken, zwei verliebte Uhus, die kaum voneinander lassen können, eine Weißgesichtseule und ein Rauhfußkauz sind auf dem fürstlichen Falkenhof schon eingezogen. Sie gehören zum winterharten Klientel und können Eiseskälte locker aushalten.
Die nächsten Wochen kommen weitere Vögel dazu, darunter zwei Weißkopf-Seeadler, ein Rotmilan und Schneeeulen. Sie werden vom Falkenhof gekauft oder stammen von anderen Falknern, die ihre Vögel für die Flugvorführungen zur Verfügung stellen. Wenn der stark wetterabhängige Saisonbetrieb von Mai bis Oktober gut läuft und sich mit mindestens 15000 Besuchern fest etabliert, will er selbst Erhaltungszucht betreiben. Der Falkenhof leistet einen wichtigen Beitrag in der Aufklärung über die Biologie der Greifvögel und liefert auch Anschauungsmaterial für Unterrichtsthemen in den Schulen.
Der sibirische Bartkauz aus der Eulenfamilie ist erst zwei Jahre alt und verträgt bis zu minus 50 Grad. Der Bengal-Uhu dagegen braucht mindestens frühlingshafte Temperaturen und bekommt deshalb ein beheiztes Quartier im Gewölbe. Seit Januar letzten Jahres wird der Haupttrakt des Schlosses mit Wohnräumen und Gästezimmern der fürstlichen Standesherrschaft über eine Fernwärmeleitung beheizt, die auch die kostengünstige Tierhaltung ermöglicht. Die Wärme kommt aus der knapp 430 Meter entfernten Biogasanlage des Landwirts Ralf Kandert vom Ortsteil Schafhof.
Momentan gewöhnen die drei Falkner ihre Schützlinge, die meist noch ganz jung sind und erst angeleitet werden müssen, an den dicken Lederhandschuh, mit dem sie ihren Unterarm vor scharfen Krallen und spitzen Schnäbeln schützen. Es erfordert viel Einfühlungsvermögen, das Vertrauen der Vögel zu gewinnen, die höchst sensibel auf jedes Lüftchen und jede Veränderung blitzschnell durch ihren Fluchtreflex reagieren. „Abtragen“ nennt der Falkner den Vorgang der Zähmung mit langsamer Steigerung der Umgebungsreize. Dies geschieht immer in Anwesenheit von Futter (Atzung) als Belohnung, das aus der behandschuhten Faust des Falkners kommt.
Erste Versuche beginnen damit, dass der Jngvogel auf einen Stangenzaun gestellt wird und der Falkner einen halben Schritt entfernt steht und mit leckeren Fleischhappen (tote Eintagesküken) lockt. Der Vogel muss sich überwinden und ein Stück springen, um die „Beute“ zu greifen. „Das kann manchmal bis zu einer dreiviertel Stunde dauern“, erzählt Gesa Lottmann. Diese Prozedur wird Tag für Tag wiederholt und die Entfernung gesteigert, bis der Vogel sich auch auf größere Distanz nicht abbringen lässt, immer wieder auf den Handschuh mit dem Futter zu fliegen.
Dann wird der bisher durch eine Leine gesicherte Greifvogel frei gemacht und das Training gesteigert – in Verbindung mit einem Federspiel, um die Flugkünste zu zeigen. Der Falkner schwingt eine Schnur, an die eine Beuteattrappe mit Belohnung befestigt ist. Die Greifvögel versuchen die „Beute“ im Vorbeifliegen, Wenden und erneuten Anjagen zu erwischen, doch sie wird ihnen immer wieder weggezogen. Die Häufigkeit des Wegziehens wird dem Trainingszustand angepasst, um die Geschicklichkeit zu üben. „Die Vögel müssen sich anstrengen, das ist gut für den Muskelaufbau“, erzählen die Falkner. Jeder Schützling ist mit einem Minipeilsender ausgerüstet, falls er doch einmal aus der Sichtweite verschwindet.

Vor historischer Kulisse: Im Frühjahr öffnet der neue Falkenhof auf Schloss Schillingsfürst und zeigt auch wieder Flugvorführungen.
Zwischen 35 und 45 Minuten dauern die Flugvorführungen, bisweilen auch länger, wenn die Greifvögel lange am Himmel kreisen oder mäjestätisch auf dem Schlossdach thronen und sich Zeit lassen mit der Rückkehr. „Es sind sehr individuelle Lebewesen mit Marotten und Launen“. Verbunden ist die Flugschau wieder mit einer Schlossführung. Gruppen können sich schon jetzt unter Telefon 09868/201 oder 0160/5492899 anmelden.
Örtliche Firmen unterstützen mit kostenlosen Materiallieferungen den Aufbau des neuen Falkenhofs, der am 1. Mai offiziell eröffnet wird und dann täglich (außer Montag) von 10.30 bis 17 Uhr besichtigt werden kann. Vorführungen gibt es um 11 und 15 Uhr. sis
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