Das „Gleichmäßige“ fehlt

Kirchengemeinden auf der Suche nach einer dauerhaften Besetzung

NEUSITZ/SCHWEINSDORF – Das hatte man sich in Neusitz und Schweinsdorf anders vorgestellt: Die Kirchengemeinden stehen nach nur fünf Monaten, in denen die Pfarrstelle besetzt war, seit vergangenen Dezember wieder ohne eigenen Pfarrer da, der die kirchlichen Geschicke in der Gemeinde lenkt.

Auf dem Land und doch im Einzugsgebiet der Infrastrukturvorteile Rothenburgs, mit einem frisch renoviertem Haus direkt an der Kirche und vielen engagierten Gemeindegliedern, die es zu organisieren und zu delegieren gilt. Was sich theoretisch nach guten Rahmenbedingungen für einen Pfarrer anhört, scheint sich in der Praxis nicht zu bewahrheiten.

Hofft auf Glück bei Suche: Ursula Ilgenfritz. Fotos: mes

Hofft auf Glück bei Suche: Ursula Ilgenfritz. Fotos: mes

Denn in letzter Zeit hatten die Gläubigen in Neusitz und Schweinsdorf einiges Pech bei der Besetzung ihrer Pfarrstelle. Nach eineinhalbjähriger Vakanz wähnte man sich in den beiden Kirchengemeinden endlich im Glück, mit Pfarrer Wolfgang Schmitz einen Pfarrer gefunden zu haben, der die Gemeinschaft der Gläubigen zusammenhält.

Man hoffte, – und so war ja auch die Erklärung des Pfarrers für seinen Wechsel nach Mittelfranken – dass die Pfarrstelle sicher besetzt sein wird, bis die kleinen Töchter (5 und 10 Jahre alt) ihre Schule beendet haben werden. Doch letztendlich waren die Kinder nicht der Grund zum Bleiben, sondern für das Weggehen aus Neusitz. Es herrschte allseits große Überraschung als Pfarrer Wolfgang Schmitz Ende November verkündete, dass er seiner Kinder zuliebe wieder in die vorherige Gemeinde nach Döckingen wechseln wird. Unverständnis löste bei einigen auch die Schnelligkeit der Ereignisse aus.

Zwischen dieser Ankündung und dem Ende seiner Pfarrzeit lag gerade einmal eine Woche. Aufgrund der Formalitäten bei einer Kündigung erfuhren die Gemeinden erst spät von dem bevorstehenden Verlust.

Fritz Langenbuch, Vertrauensmann des Neusitzer Kirchenvorstandes, beschreibt die Art und Weise des Fortgangs des Pfarrers als „seltsam“ und eine „ganz unübliche Sache“. Für den Kirchenvorstand seien keinerlei Anzeichen zu erkennen gewesen. „Pfarrer Schmitz hat der Gemeinde gefallen und ihr gut getan“, betont Fritz Langenbuch. Seine Aufgaben sei er mit sichtbarem Eifer und Motivation angegangen. Einen Großteil davon wird nun von Andrea Rößler aus Gebsattel zusätzlich zu ihrer eigenen Pfarrstelle übernommen. Hinzu kommen noch weitere Vertretungspfarrer für die beiden Gottesdienste in Neusitz und Schweinsdorf. Auch die vielen aktiven Gemeindeglieder in den unterschiedlichen Gruppen und Kreisen müssen nun verstärkt zusammenhalten. „Es fehlt jemand, der das individuelle Engagement bündelt und als Ansprechpartner da ist“, erklärt Ursula Ilgenfritz, Vertrauensfrau des Schweinsdorfer Kirchenvorstandes. Besuche bei hohen runden Geburtstagen werden zwar von den Vertretern gemacht, aber für die Jubilare ist es etwas anderes, wenn dies ein Pfarrer macht, zu dem man eine Bindung hat. Ebenso wäre ein Gemeindefest nach einigen Jahren Pause wieder ein wichtiger Impuls für die Kirchengemeinden, laut Ursula Ilgenfritz. Doch dies ist aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes für die Vertretungspfarrer nicht zu stemmen.

Fritz Langenbuch vor dem leeren Pfarrhaus.

Fritz Langenbuch vor dem leeren Pfarrhaus.

Die erneute Vakanzzeit brachte auch die Pläne der beiden Vertrauensleute durcheinander. Eigentlich wollten sie bei den letzten Kirchenvorstandswahlen der jüngeren Generation den Vortritt lassen. Fritz Langenbuch ist bereits seit 1974 und Ursula Ilgenfritz seit Anfang der 80er Jahre im Kirchenvorstand. Ihr Pflichtgefühl und der Zuspruch von Dritten überzeugten sie jedoch, sich noch weiter in den Dienst der Gemeinde zu stellen, um zumindest in diesem Gremium eine gewisse Kontinuität zu gewährleisten.

Die beiden Pfarrer Christoph Schwethelm und Wolfgang Schmitz haben nach kurzer Zeit aus persönlichen Gründen ihre Stelle aufgegeben. Pfarrer Schwethelm ließ sich zunächst beurlauben, um als selbstständiger Psychotherapeut zu arbeiten. Mittlerweile ist er im unterfränkischen Gnodstadt wieder im Dienste der Kirche tätig. Dennoch sind die betreffenden hiesigen Kirchengemeinden keine, in der sich die Kirchenvertreter traditionell die Klinke in die Hand geben: Pfarrer Ruff war, auch aufgrund seines vorgerückten Alters, 24 Jahre lang dort tätig und das Pfarrerehepaar Vogt brachte innerhalb von 11 Jahren viel Schwung in die Gemeinde. Ein neuer Pfarrer wird bereits per Ausschreibung im Amtsblatt gesucht. Er wird eine sehr engagierte Gemeinde vorfinden, die trotz vieler etablierter Gruppen offen ist für neue Ideen. Fritz Langenbuch schwebt dabei beispielsweise die Wiedereinführung neuer Gottesdienstformen vor oder auch Besuchsdienste für Neuzugezogene. Dringend nötig wäre auch die Gründung von Jungschargruppen, die sich im Laufe der Jahre aufgelöst haben.

Der frühestmögliche Einstellungstermin zum 1. April ist sehr optimistisch gesetzt. Ursula Ilgenfritz wünscht sich, dass man nun „Glück hat und einen Pfarrer findet, der wirklich da bleibt, auf die Leute zugeht und seinen Glauben lebt“. mes

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