Unterrichten unter der Sonne Afrikas

Windelsbacher Abiturientin engagiert sich in tansanischer Schule

WINDELSBACH/FARAJA – Die Liebe zu Afrika wurde ihr bereits in die Wiege gelegt: Kirsten Wirsching, 21 Jahre alt und aus Windelsbach, zog es für zwölf Monate ins ferne Ost-Afrika. Genauer gesagt nach Tansania, das sie schon von Reisen mit ihrer Mutter kennt. In Faraja in der Provinz Morogoro unterrichtet sie als Freiwillige Englisch.

Ein Jahr im Ausland nach dem Schulabschluss – was in den angelsächsischen Ländern bereits Gang und Gebe ist, setzt sich auch in Deutschland immer mehr durch. Dabei gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten diese Zeit im Ausland zu gestalten. Viele zieht es an die schönen Strände der Welt zum Surfen, andere wollen in fernöstliche Kulturen eintauchen und ihr normales Leben für kurze Zeit hinter sich lassen. Kirsten Wirsching entschied sich für die Freiwilligenarbeit in Afrika, inspiriert von den Erfahrungen früherer Reisen auf den Kontinent.

Ihre Ankunft im August 2012 beschreibt sie so: „Durch die Dunkelheit und auf einer typisch tansanischen Buckelpiste Richtung Faraja rumpelnd sitze ich im Land Rover mit der von Steinschlägen gezeichneten Frontscheibe, erhasche den ersten Blick auf das weitläufige Schulzent­rum und realisiere in diesem Augenblick: Das wird für das kommende Jahr mein zu Hause sein.“

Im Sommer 2008 reiste sie das erste Mal nach Tansania mit ihrer Mutter Pfarrerin Beate Wirsching, der Partnerschaftsbeauftragten des Dekanats Rothenburg und einer Gruppe deutscher Jugendlicher. Diese zwei Wochen beinhalteten viele Begegnungen mit jungen Tansaniern, gemeinsamer Arbeit, dem täglichen Blick auf den Gipfel des Kilimanjaro und überwältigender Gastfreundschaft.
Dann, 2011, eine weitere Partnerschaftsreise, diesmal mit dem Ziel, Frauenprojekte zu besuchen und zu unterstützen. Hierbei lernte sie das Land besser kennen, aber der Wunsch, der von Anfang an da war, blieb bestehen: mehr Zeit in Afrika zu verbringen.

Mittlerweile befindet sie sich seit gut drei Monaten in Faraja, Tansania, ausgesandt für einen einjährigen Freiwilligendienst von Mission EineWelt, einer Organisation der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Faraja liegt zwischen dem Kilimanjaro und dem Mount Meru, den beiden größten Bergen Tansanias.
Inmitten von Kaffee- und Maisfeldern, Affenbrotbäumen und afrikanischem Staub befindet sich hier ein großes Zentrum bestehend aus einer Diakonenschule und einer Grundschule für körperbehinderte Kinder. Letztere ist der Aufgabenbereich der 20-jährigen Windelsbacherin. Sie betreut eine erste, dritte und fünfte Klasse im großen Büchereizimmer.

Ihre Eindrücke vom Unterricht und den Schülern beschreibt sie folgendermaßen:
„Hier wird gelesen, gemalt und gespielt. Es stehen gut gefüllte Bücherregale für alle Klassenstufen zur Verfügung – aber viele der Schüler, selbst die teils schon sechzehnjährigen Fünftklässler, haben große Defizite im Lesen und Schreiben. Anfangs fiel es mir nicht leicht, in diesem ungewohnt chaotischen Schulsystem meine eigene Art mit den Kindern zu finden, aber mittlerweile finden selbst die härtesten Lese-Verweigerer Gefallen am Lesen.

Beinahe alle Schüler haben hier ein körperliches Handicap wie fehlende Hände oder Beine, schief gewachsene Knochen und Glasknochen, Wasserköpfe, Kleinwüchsigkeit. Noch dazu kommen die sogenannten Feuerkinder. Die typischen Feuerstellen zum Kochen vor den Häusern vieler ärmlicher tansanischer Familien bergen eine große Gefahr für herumtollende Kleinkinder, die sich oft schlimme Verbrennungen zufügen. Hier in Faraja sieht man überall mit Brandnarben übersäte Arme oder Beine oder verwachsene Finger oder Zehen.“

Trotz dieser körperlichen Einschränkungen ist die Stimmung in der Schule fröhlich. Nach dem Unterricht „brettern Groß und Klein mit ihren Rollstühlen durch die Gegend, spielen mitsamt ihrer Krücken Fußball, rollen Grashügel hinunter und quietschen nur noch vergnügter, wenn ihnen dabei eine locker sitzende Beinprothese um die Ohren fliegt.“, schreibt die Freiwillige an unsere Redaktion.

Tansania3Um vom recht abgelegenen Faraja einmal Abwechslung zu bekommen, engagiert man einen „Piki-Driver“, einen Motorradtaxi-Fahrer. Von ihm wird man abgeholt und nach Sanya Juu, das nächste Dorf, gebracht. Dort steigt man in ein Dalladalla um, „ein kleiner, bis obenhin mit Menschen, Gepäckstücken und Ziegen oder Hühnern vollgestopfter, bunt beklebter Bus“, der einen in die nächste Stadt fährt.
Dort angekommen, erledigt man alltägliche Dinge wie Einkaufen auf dem großen Gemüsemarkt, Klamotten aussuchen in diversen Second-Hand-Läden oder aber man genießt den Luxus, sich in einem Restaurant zur Abwechslung ein Gericht mit Fleisch bestellen zu können. Denn aus Kostengründen essen Schüler wie Lehrer in Faraja normalerweise nur Ugali oder Makanda (verschiedene Arten von Maisbrei) mit Bohnen oder Reis.

In ihrer Zeit in Tansania lernt die Abiturientin viel über die afrikanische, aber fast noch mehr über die eigene Kultur. Es drängen sich Fragen auf wie: Wer sagt, dass warmes Wasser und regelmäßiger Strom im eigenen Haus selbstverständlich sind? Wieso unterhält man sich eigentlich nie mit seinem Sitznachbarn in öffentlichen Verkehrsmitteln?

Warum muss man jedes noch so kleine Problem bis zum Geht-nicht-mehr ausdiskutieren? Ganz nach tansanischer Lebensart empfiehlt Kirsten Wirsching ein einfaches „hamna ­shida“ (auf deutsch: kein Problem). Von Afrika selbst will die junge Frau noch einiges sehen. Den Jahreswechsel ­verbrachte sie auf Sansibar zusammen mit einer anderen Freiwilligen, mit der sie eine Wohngemeinschaft bildet.

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