Künstlerbuch der Gäste

Die Müllers vom Hotel „Bären“ erinnern sich an frühere Glanzzeiten

ROTHENBURG – Man kommt aus dem Staunen nicht heraus, wenn das frühere Hoteliers-Ehepaar des „Bären“ Alben und Gästebücher aus dem Regal holt, um einen mit interessanten Geschichten zu verblüffen. Fritz und Irmgard Müller können sich dabei nicht nur über ein künstlerisch wertvolles Gästebuch freuen.

Wo anfangen? Bei der Geschichte mit den drei Rothenburgern beim Papst? Oder bei den vielen Malern (darunter sehr bekannte), die sich im ledergebundenen großen Gästebuch auf handgeschöpftem Bütten-Papier verewigt haben? Vielleicht doch bei den „wackeren Malerbuam“, die 1924 auf Kunstreise nach Italien gingen – und dann gäbe es noch die Begebenheiten mit Ernst Mosch und Fred Bertelmann, ganz zu schweigen von den Nachkriegsfestivitäten und großen Tagungen im Hotel „Bären“.

Der „Bären“ erlebte bei Fritz und Irmgard Müller 1949 bis 1988 letzte Glanzzeiten. diba-fotos

Der „Bären“ erlebte bei Fritz und Irmgard Müller 1949 bis 1988 letzte Glanzzeiten. diba-fotos

Beim Blättern in den Alben sprudelt es aus dem 86-jährigen Fritz Müller nur so heraus, was die Erinnerungen an einstmals gesellschaftlich viel spannendere Zeiten angeht. Man kann ihn beneiden das alles erlebt zu haben, so viele persönlich prägende Erlebnisse und Begegnungen mit Menschen, die tatsächlich Freunde waren – wie weit ist das entfernt von der heutigen medialen Welt, in der ein „Facebook“-Klick als Freundschaftsbeweis eines angeblich „sozialen Netzwerkes“ gilt. Was sozial ist hat man vor, während und nach dem Krieg am eigenen Leib positiv wie negativ erfahren, wenn Zusammenhalt und gegenseitige Hilfe gefragt war.

Die Familie Ohmayer

Der Vater Fritz Müller, sen., war verheiratet mit „Adi“ Müller, geb. Ohmayer und somit war schon früh der direkte Bezug zur bekannten Rothenburger Künstlerfamilie hergestellt. Von 1935 bis 1948 führt der Senior das Traditionshotel in der Hofbronnengasse, das schon damals eine gute Adresse war und ebenso in der Nachkriegszeit ein Dreh- und Angelpunkt des örtlichen gesellschaftlichen und touristischen Geschehens. Nicht zuletzt war der Bären-Wirt selbst Künstler, was der bekannte Maler Heinz Adomeit im November 1945 in einer schönen Zeichnung, garniert mit Liedversen humorvoll würdigte: „Als Malerfreund ist er bekannt / Wie reich geschmückt sind hier die Wände / Wo manch Motiv aus Stadt und Land / Verraten gute Künstlerhände – Jedoch auch mit Musik beim Wein / erquickt Herr Müller manche Herzen, / er singt zur Laute zart und fein / Von Liebesglück und Liebesschmerzen.”

Lange Künstlerliste

August von Meissl malte das Bild.

August von Meissl malte das Bild.

In größeren Formaten haben sich die Maler, Zeichner und Dichter im Bären-Gästebuch vor allem der dreißiger, vierziger und fünfziger Jahre verewigt – das Buch lässt sich wie ein wertvoller Kunstband durchblättern, gespickt mit bekannten Namen und es ist sicher auch einiges wert. Da sind zum einen die legendären Rothenburger Künstler wie Max Ohmayer, Hans Böhme, Rudolf Schacht, Ernst Unbehauen und auch Willi Förster darf nicht fehlen. Dann aber auch auswärtige, deren Arbeiten man heutzutage noch bei Auktionen gut bezahlt entdecken kann. So zum Beispiel der 1884 in Österreich gebürtige August von Meissl, der an der Akademie der Bildenden Künste in München eingeschrieben war. Er war durch seine karikaturartigen Illustrationen und auch seine Militärszenen und Tierdarstellungen bekannt. Im Bären-Gästebuch hinterließ er gleich mehrere Bilder, darunter auch ein Kriegsbild aus Italien als Aquarell sowie beeindruckende Zeichnungen und Skizzen, z.B. die von einer zünftigen Wirthausschlägerei. Ein G. Zimmermann, Kiel, hat ein prächtiges Aquarell vom alten Kerndter-Haus mit dem Brunnen und lyrische Gedanken hinterlassen.

Dass die Rothenburger Hans Böhme, Max Ohmayer und Fritz Müller sen., die sich als Kunstmaler einige Zeit im Chiemgau angesiedelt hatten, zu Fuß nach Rom gepilgert sind und dort in oberbayerischer Tracht bis zum Papst vordrangen, lässt sich in einer Zeitungsmeldung von damals nachlesen. Papst Pius XI (Pontifikat 1922 bis 1939) fragte sie laut Bericht, ob sie wirklich zu Fuß da sind.

Ernst Mosch und Bertelmann

Noch viel wäre aus jenen Zeiten berichtenswert, aber auch nach dem Krieg tat sich einiges. Das Hotel war für Veranstaltungen aller Art gefragt, wobei der damalige Verkehrsdirektor Reichsbahnrat Strebe ideale Verbindungen mitbrachte. Fritz Müller: „Die großen Hotels waren zerstört oder durch Amerikaner belegt und es war normal, dass wir vier Tagungen in der Woche hatten“. Das reichte von den Schuhfabrikanten und dem Automobil-Unternehmerverband bis zu den großen Versicherungen.

Und dann erzählt Fritz Müller ein besonderes Schmankerl. Da hätten junge Leute gefragt, ob sie im Bären-Saal als Band öfter üben könnten, wobei sie im Oberen Felsenkeller wohnten und im Hotel auch zum Tanz aufspielten, mit Saxophon, Posaune und Trompete. Die Kapelle hieß „Remo”. Der Posaunist war kein Geringerer als Ernst Mosch und sein Kollege der große Sänger Fred Bertelmann als Trompeter. „Die waren so leidenschaftliche Musiker und ich habe sie damals bei Tagungen vermittelt”, erinnert sich Fritz Müller noch heute voller Feude. Etliche Geschichten sind noch zu erzählen, doch davon demnächst mehr in einem weiteren Zeitungsbeitrag. diba

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