Vieles bewegt

Zum Weggang von Pfarrerin Katharina Winkler und Pfarrer Ulrich Winkler

ROTHENBURG – Nach insgesamt 15 Jahren in Rothenburg endet zum Monatsschluss für Katharina und Ulrich Winkler, beide 51, ihre mit viel Freude und einem Riesen-Engagement verbrachte Zeit in den Kirchengemeinden Heilig Geist, Bettenfeld und Leuzenbronn. Die beiden Geistlichen mit jeweils einer halben Pfarrstelle ziehen aus dem zum trauten Heim gewordenen Pfarrhaus Rossmühlgasse aus und wechseln zum 1. August auf anderthalb Pfarrstellen in Kulmbach. Zum anstehenden Abschied sprachen wir mit den Seelsorgern.

Haben mit Credo und großen Engagement beeindruckt: Pfarrerin Katharina Winkler und Pfarrer Ulrich Winkler. Foto: Weber

Als sie damals aus dem touristischen Garmisch-Partenkirchen in die touristische Tauberstadt kamen, stand gerade die Einschulung der ältesten Tochter Antonia an. Die ist inzwischen 21 Jahre alt und hat, wie ihr Bruder Sebastian (18), das Abitur in der Tasche. Für Paul (14) und Charlotte (11) bedeutet der Umzug der Familie ins Oberfränkische einen von ihnen nicht unbedingt bejubelten Einschnitt. Sie müssen die Schule wechseln.

Dennoch: Katharina und Ulrich Winkler haben zum Zeitpunkt eine  einheitliche Auffassung, die sie nicht falsch verstanden wissen wollen: „Es ist für uns richtig und auch für die drei Kirchengemeinden!“ Die zurückliegenden 15 Jahre seien für sie die bisher längste Zeit an einem Ort gewesen, betont die Pfarrerin. In Kulmbach haben sie und ihr Mann gemeinsam nicht zuletzt eine halbe Stelle mehr, was im Hinblick auf die Ausbildung der Kinder ein nicht unwesentlicher Aspekt ist. In der bisherigen Konstellation hätten sie da Abstriche machen müssen.

Aus eins mach drei

Beim Rückblick kommt besonders auch 2012 zur Sprache. Damals wurden den Winklers zusätzlich zu ihrer Gemeinde Heilig Geist noch die beiden Gemeinden Bettenfeld und Leuzenbronn zugeteilt. Es entstand ein neuer und in sich unterschiedlich geprägter Verbund. Das Pfarrerehepaar musste sich darauf einstellen und hat das auch gut geschafft. Auf den Dörfern werde noch das traditionelle Gottesdienst-Verständnis gepflegt und die Landwirtschaft mit ihren Themen dominiere. Die Frömmigkeitsstruktur sei anders.

Außerdem: Anstehende Dinge würden dort relativ schnell angepackt und durchgezogen. Die Kirchenvorstände hätten eben auch eine größere Eigenständigkeit. Auch mit positiven Konsequenzen: Wie sich das etwa beim Besuchsdienst gezeigt habe, werde den Pfarrern duchaus die eine oder andere Aufgabe abgenommen. In den Dörfern gebe es oft einen Kreis von Aktivisten mit vielen Funktionen auf einmal. Das mache vieles leichter.

Viel ausgeprägter als in der Stadt sei das Gottesdienst-Geschehen. Vor diesem Hintergrund habe damals die Gemeinde Heilig Geist Verzicht geleistet und damit die Tradition in den Landgemeinden gestützt. Andererseits mussten auch, wie etwa beim Konfirmanden-Unterricht, Angebote zusammengefasst und gemeinsam im Pfarrhaus in der Rossmühlgasse durchgeführt werden.

In der Stadt stehe thematisch anderes im Vordergrund. Auch in Heilig Geist ist, entsprechend dem allgemeinen, verstärkten Trend vor allem seit 2015 die Zahl der Gemeindeglieder, anders als in Leuzenbronn (400) und Bettenfeld  (400), merklich zurückgegangen. Waren es vorher 1000, sind es inzwischen 870.

Gemeinschaft spürbar machen

Das habe mit dem Auseinanderdriften der Gesellschaft zu tun. „Die Menschen bewegen sich in ihren Blasen“, die nicht selten virtuell seien, merkt Ulrich Winkler an. Kirche müsse wieder in die Häuser einziehen und es gehe da nicht zuletzt auch um den Kontakt zu den Menschen auf der Straße, „um dem Internet-Wahn entgegenzuwirken.“

Ein wesentliches Anliegen des Wirkens: Gemeinschaft und Gemeinde spürbar machen, unterstreicht Ulrich Winkler. Biografie-Arbeit ist ihm ein Anliegen und  spezieller Teil seines Wirkens. Menschen lernen dabei anhand des eigenen Lebenslaufs sich selber besser zu verstehen und können auf dieser Grundlage zu neuen Entscheidungen kommen.

Wichtige und ständige Grundlage seiner Tätigkeit und seines Verständnisses als Theologe: Gott und die verschiedenen Bilder, die man sich je nach Alter von ihm macht. So sehe ein Kind in ihm den liebenden Vater, in der Jugend und im Erwachsenenalter einen, der Orientierung vermittelt, im letzten Lebensabschnitt dann einen Geber, dem Dankbarkeit gehöre.

„Der Unterricht hier hat mir sehr viel Spaß gemacht,“ merkt Katharina Winkler an. Ein wichtiges Anliegen ist ihr dabei: Sie hat dabei Gelegenheit, eine Menge aufzufangen, was beispielsweise an christlichen Werten nicht mehr vorhanden sei in so manchem Elternhaus. Es sei eine große Chance, die es zu nutzen gelte.

Das Pfarrerehepaar teilte – neben dem gottesdienstlichen Wirken – sein umfangreiches Tätigkeitsfeld unter sich in Arbeitsgebieten auf und konnte sich so gut ergänzen. Sie übernahm vorwiegend den Schulunterricht und den Konfirmandenunterricht, also den pädagogischen Teil, sowie die Einzelseelsorge, später auch die Krankenhaus-Seelsorge. Er war – neben vielem anderem wie dem Führen des Pfarrbüros und den vielen Verwaltungsaufgaben – für die Senioren zuständig und auch für die Jüngsten.

Stellung nehmen zu politischen Themen

Die Verwaltungsarbeit nimmt zunehmend Zeit in Anspruch, bedauert das Pfarrersehepaar. Hier habe es zum Glück Entlastung gegeben. Heilig Geist hat seine besondere Tradition in der Haltung zu aktuellen weltlichen Gegebenheiten bewahrt. „Von der Kirche wird erwartet, dass sie zur Politik und zu aktuellen Themen Stellung nimmt,“ stellt Ulrich Winkler fest.

Er kann auf etliche Aktionen in ihrer Amtszeit und auch auf ein jüngstes Beispiel (siehe unten) verweisen, mit der die Gemeinde ums Gotteshaus im Kappenzipfel dies deutlich umgesetzt hat und sich als Brückenbauer betätigt. Kirche müsse in ihrer Sprache ruhiger und gelassener sein als andere. Es sei Aufgabe die ausgleichende Mitte zwischen den schrillen Extremen zu finden und zu stärken, betonen die beiden Geistlichen in einer schriftlich verfassten Bilanz zur Dienstzeit in Rothenburg: „Vielleicht waren wir manchmal jedoch zu leise, um nur niemandem zu sehr auf die Füße zu treten.“

Auf Vieles, was funktionierte und gut lief, konnten die beiden Pfarrer zurückgreifen und aufbauen. Das reicht vom Miniclub bis zur Klinik-Seelsorge und zur Tansania-Partnerschaft. Aber auch Neues ist angegangen worden. Kleinkindgottesdienste und Ehegesprächsabende wurden eingeführt. Das Forum Heilig Geist lebte mit interessanten Gästen fort und wieder auf.

Die Spitalkirche rückte zunehmend als Teil des gesellschaftlichen Lebens in den Fokus. Ab 2005 wurde versucht, sie mehr und mehr zu einer Konzertkirche zu gestalten, mit rund 15 bis 20 Konzerten pro Jahr und einem Spektrum von den eigenen Chören bis hin zu vielen auswärtigen, zum Teil hochrangigen Musikern.

Auf diesem Weg konnte die Kirchengemeinde einen wesentlichen kulturellen Beitrag zum Stadtleben leisten. Zudem waren immer wieder Bilderausstellungen mit hiesigen und auswärtigen Künstlern in der Heilig Geist-Kirche zu bestaunen. Um die Bedeutung des Spitals in der Stadt zu würdigen, hat das Pfarrerehepaar 2006 gemeinsam mit Lothar Schmidt im Schäfersaal die Veranstaltung „725 Jahre Heilig Geist“ bestritten, zu der ebenfalls eine Bilderschau aufgeboten war. Das Jubiläum bezog sich auf das Jahr der Gründung des Spitals 1281. Im gleichen Jahr initiierten die beiden Pfarrer den ökumenischen Stadtkirchentag.

2008 verfassten die Geistlichen zum Besuch einer slowenischen Delegation  zum 500. Geburtstag von Primus Truber – wieder mit wesentlicher Unterstützung durch Lothar Schmidt – die Festschrift „700 Jahre Heilig Geist“ zum Jubiläum der Kirchenweihe 1308.

„Ganz nebenbei“ war auch noch die Vakanzvertretung für die Pfarrei Neusitz-Schweinsdorf bis Mitte 2007 zu stemmen, dann nochmals im Jahr 2012. Projekte wie die Sanierung des Glockenturms der Spitalkirche (2005), der Verkauf des Pfarrhauses (nach 2012 aufgeworfenen Fragen um die Zukunft des Gebäudes) und der Umbau des Gemeinde-saals in Leuzenbronn haben Kapazität gebunden.

Zuhören, was die Menschen bewegt und mit ihnen über Gott und die Welt reden. Das ist ein wichtiges Prinzip von Katharina und Ulrich Winkler, das sie nach Kulmbach begleitet. Am kommenden Sonntag, 21. Juli, ab 14 Uhr in der Heilig-Geist-Kirche werden sie verabschiedet, mit anschließender Feier im Gemeindehaus bzw. Festzelt des Pfarrgartens. -ww-

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