Betroffenen zur Seite stehen

„Verein für außerklinische Ethikberatung“ gegründet – Öffentliche Auftaktveranstaltung im Musiksaal

ROTHENBURG – Der nahende Tod eines geliebten Menschen ist eine emotionale Ausnahmesituation. Den Angehörigen stellen sich viele Fragen, auf die sie meist nur wenige Antworten erhalten. Der neugegründete Verein für außerklinische Ethikberatung in Rothenburg möchte in diesen Fällen Ansprechpartner sein, um zu einer Entscheidungsfindung beizutragen, mit denen die Angehörigen leben können.

Bringen mit Verein wichtiges Thema in die Öffentlichkeit (v.l.) Elisabeth Dechand (Schriftführerin), Lars Kriegel-Moll (Vorsitzender), Ursula Memhard (Stellvertreterin). Foto: mes

Er stellt in keinster Weise ein Ethikkomitee dar, das Entscheidungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg fällt, versichern die Intitiatoren und Vereinsvorsitzenden Lars Kriegel-Moll und Ursula Memhardt.  Etwa ein Jahr lang ist die Idee eines derartigen Vereins gewachsen und gereift. Ihren Anfang nahm sie im Seniorenbeirat, wo in dem Arbeitskreis „Ethik“ unter anderem von Lars Kriegel-Moll, Dr. Rainer Hoffmann und Herbert Spiegel ein erstes Konzept für eine außerklinische Ethikberatung entworfen wurde.

Da die Stadt 2017 mit ihrem Beitritt zur Charta zur Betreuung schwerstkranker Menschen in Deutschland bei diesem gesellschaftlich wichtigen Thema bereits „Flagge gezeigt“ hat, wollte man die Gelegenheit nutzen und sie auch hier mit ins Boot holen, erklärt Ursula Memhardt.

Man sei mit den Plänen für eine außerklinische Ethikberatung auf „großes Wohlwollen“ bei Oberbürgermeister Walter Hartl und den Stadtratsmitgliedern gestoßen, so die Koordinatorin des Rothenburger Hospizdienstes weiter. Und Lars Krigel-Moll ergänzt, dass man sich dadurch sehr darin bestärkt fühlt, das Ganze durchzuziehen.

Offiziell stellt die Stadt das Angebot der außerklinischen Ethikberatung. Anfragen sind deshalb an das Amt für Soziales der Stadt zu stellen Mitglieder des Vereins übernehmen dann den praktischen Teil der Be-ratung. Selbstverständlich besteht Schweigepflicht. Zudem ist die Beratung kostenlos und kann unabhängig von Alter, Konfession, Nationalität und Weltanschauung in Anspruch genommen werden.

Verein möchte sich multiprofessionell aufstellen

Der Verein möchte sich „multiprofessionell aufstellen“, so Ursula Memhardt. Deshalb finden sich in den Reihen seiner rund Dutzend Mitglieder Vertreter aus den Bereichen Kirche, soziale Arbeit, ambulante und stationäre Pflege, Hospizdienst sowie Ärzte und Juristen. Aus diesem Kreis werden einzelne Personen als Ethikberater weiterqualifiziert.

Der Verein hat sich den ersten Leitsatz der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland auf die Fahnen geschrieben. Darin heißt es: „Jeder Mensch hat ein Recht auf ein Sterben unter würdigen Bedingugen. Er muss darauf vertrauen können, dass er in seiner letzten Lebensphase mit seinen Vorstellungen, Wünschen und Werten respektiert wird und dass Entscheidungen unter Achtung seines Willens getroffen werden. Familiäre und professionelle Hilfe sowie die ehrenamtliche Tätigkeit unterstützen dieses Anliegen.“

Die Erfahrungen von Ethikberatungen andernorts zeigen, dass vor allem die Ernährung am Lebensende, künstliche Ernährung, die Beendigung der Nahrungsgabe sowie lebenserhaltende Maßnahmen die meisten Fragen bei Angehörigen aufwerfen wenn der Patient sich selbst nicht mehr äußern kann – aber auch wenn der Betroffene mit einer Patientenverfügung diese Bereiche selbst im Vorfeld in seinem Sinne geregelt hat.

Denn zum einen lassen sich schriftlich nie alle möglichen Fälle erfassen, weiß Lars Kriegel-Moll. Und zum anderen könne selbst dann bei den Angehörigen Unsicherheit bezüglich der festgehaltenen Regelungen aufkommen. Der Verein für außerklinische Ethikberatung sieht sich nicht als Lösungsgeber, sondern als Vermittler, betont der Leiter der Alloheim Seniorenresidenz „Taubertal“ in Röttingen.

Man möchte die Angehörigen bestärken, sie „an die Hand nehmen“, damit sie die gereifte Entscheidung, wie letztlich zu verfahren ist, währenddessen und vor allem auch danach „besser tragen“ können. Bei einer Beratung sollten neben den Angehörigen all jene an den Tisch, die an der Versorgung der Patienten beteiligt sind und ihn dadurch gut kennen, sagt Ursula Memhardt.

Der Verein sieht sein Angebot als Ergänzung zur klinischen Ethikberatung, betonen die Vorsitzenden. Es soll ein „gutes Miteinander“ sein, bei dem es durchaus auch zu Überschneidungen kommen kann.

Am Mittwoch, 3. Juli, um 19 Uhr findet die Auftaktveranstaltung des Vereins für außerklinische Ethikberatung im Städtischen Musiksaal statt. Sie richtet sich nicht nur an all jene, die aufgrund ihres Berufes als künftige Ethikberater in Frage kommen. Auch die Öffentlichkeit ist eingeladen, sich bei dieser Gelegenheit über den Verein und sein Anliegen näher zu informieren.

Lars Kriegel-Moll und Ursula Memhardt werden das Konzept des Vereins vorstellen und treten im Anschluss daran mit Interessierten in direkten Austausch. Oberbürgermeister Walter Hartl eröffnet als Schirmherr die Veranstaltung. Mit dem Ensemble „Klingelingeling“ wird sie eingeläutet. Zudem hält die Erlanger Medizinethikerin und Psychoonkologin Dr. Leyla Güzelsoy einen Impulsvortrag.  mes

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