Wut, Komik und ein Hauch Wehmut

Wieder einmal zu Gast in der Kulturhalle Korn: Kabarettist Urban Priol mit neuem Programm

ROTHENBURG – In der Musik bietet eine Triole drei Noten statt zwei am gleichen Platz zum gleichen Zeitwert. Praktisch gesehen: Man bekommt bei Triolen einfach mehr zu hören als in derselben Zeit woanders. Genau so ist die Wirkung auch bei Urban Priol – doch da er keine Musik macht, nennen wir es bei ihm: Priolen.

Brillierte in der Kulturhalle: Urban Priol. Foto: Hirschberg

Das aktuelle Programm des Tapferen mit dem Herzen, das links leidet und seiner imaginären Gipfeln wünschenswerten Fortschritts zustrebenden Frisur heißt „gesternheutemorgen“, ein dreiphasiger Überblick von 1982 bis heute.  insgesamt drei Stunden dauert das  Gewitter des Mainfranken  – triolisch-priolisch eben, großzügig und zwerchfellerschütternd belebend. Nur beim Heimweg fühlt man sich ein wenig so, als wäre man von der gewaltigs-ten Kehrmaschine des deutschen Kabaretts durchgebürs-tet worden. In seinem täglich  medienfrisch abgeschmeck-ten Programm beleuchtet der Bühnenmarathoni  natürlich auch wie gewohnt seine Flamme: „Du gehst nicht vor ihr“, das habe er sich geschworen, als Angela Merkel Bun-deskanzlerin wurde. Deswegen ist manches von gestern vertraut, aber der Part „morgen“ macht Angst.

Die Nacht nach dem Genuss dieses meisterlichen Tonikums – wahrscheinlich Priolix – ist unruhig. Aufdringliche Leute erscheinen einem im Traum: Huhuuuuu, Paul Ziemiak, hatte Priol nicht gewarnt vor dem Generalsekretär der CDU als „Seitenscheitel des Grauens“? Und wer sind diese ähnlich be-ängs-tigend retro frisierten „Rotzlöffel“, reingeschlichtet in die Trend-Mode zu enger, zu kurzer Anzüge, die wohl den lügnerischen Anschein erwecken sollen, dass diese politisch den Ton angebenden Herren zu gewaltig sind für normale Kleidergrößen? Der gute Mensch von Aschaf-fenburg hatte doch so deutlich, wie es nur in der Satire als verletzungsfreiem Kampf-platz möglich ist, gewarnt vor Galionsfiguren wie Jens Spahn und Parteikamerad Philipp Amthor, dessen Ablehnung gleichgeschlechtlicher Ehen Spahn nicht freuen dürfte.

Das Sympathische an Urban Priol ist, dass er die Bedenklichkeiten der politischen Realität zwar in brillant komischer Treffsicherheit auf den Punkt bringt, dabei aber so nahbar bleibt, als säße man mit ihm am Tisch. Themen wie Rüstungsexport, Altersarmut, Brexit, Europa und die Folgen behandelt er nicht populistisch, doch  mit Volkes Stimme, unverbogen, niemals auf rein kosmetische Korrektheit der Aussagen bedacht.

Ob es im Auto auch einen „Berganfahrhilfe-Assistenten“ habe, fragt Priol das Publikum. Einst hätte man das noch alleine gekonnt, das Anfahren am Berg. Au-tonomes Fahren habe früher geheißen, dass Beifahrende die Klappe halten – lustig, aber auch ein Hinweis auf die grassierende Neigung zur selbst verschuldeten Unmündigkeit.

Momentaufnahme aus dem Regierungssitz  Berlin: Ein Großflughafen, von dem kein Flieger starten kann, das Gelände voll gestellt mit Volkswagen, die nicht gefahren werden dürfen: „Das ist deutsche Ingenieurskunst! Wir können nicht mehr!“, stellt Priol fest. Zum Kichern und zum Frösteln!. bhi

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