Erlesene Auswahl

Ausstellung in St. Jakob zeigt Vielfalt der Heiligen Schrift

ROTHENBURG – Die ehrwürdige Rothenburger Stadtkirche St. Jakob ist wahrlich nicht arm an kunsthistorischen Schätzen. Zur Zeit beherbergt sie darüber hinaus auch noch weitere besondere kirchliche Kostbarkeiten: 30 Exemplare der Heiligen Schrift, die im Rahmen einer Bibelausstellung im Chorgestühl des Gotteshauses zu Ehren kommen.

Im Chorgestühl von St. Jakob kommt jede einzelne der 30 Bibeln der Ausstellung für sich zur Geltung. Fotos: Scheuenstuhl

Dass diese endlich einmal ihrem „versteckten Dasein“ entfliehen können und den Weg  in die Öffentlichkeit finden, ist Alt-Dekan Dr. Dietrich Wünsch zu verdanken. Als Ruheständler hat er sich der Bibliothek des Pfarrkapitels angenommen. Die Bibeln bereits anlässlich des großen Reformationsjubiläums auszustellen – so der ursprüngliche Plan – konnte leider nicht umgesetzt werden. „Jetzt ist es aber dringend“, sagt Dr. Dietrich Wünsch. Denn bald werde er sich wohl nicht mehr um die kostbare Sammlung kümmern können, weil die richtig umfang-reichen Bände doch entsprechende Kraft beim Tragen erfordern.
 In Absprache mit seinem Amtsnachfolger, Dekan Hans-Gerhard Gross, gab es deshalb nun grünes Licht für die Bibelausstellung in St. Jakob. Hierfür ausschlaggebend sei auch gewesen, dass keine Kosten damit verbunden sind und sie niemanden – außer natürlich Dr. Dietrich Wünsch – „arbeitstechnisch belastet“. Im Chorgestühl hat man einen passenden Platz für die Exponate gefunden. Dass sie nicht hinter Glas ausgestellt sind, ist für Dr. Dietrich Wünsch kein Grund zur Sorge. Die meisten Bücher seien in einem Zustand, wo eher ein Restaurator als ein Sammler seine Freude daran hätte, erklärt der Alt-Dekan.
Etwa 100 Werke umfasst die Bibelsammlung des Pfarrkapitels, die vielmehr zufällig als wirklich systematisch nach und nach gewachsen ist. So enthält sie etwa weder eine katholische Bibel noch eine Heilige Schrift aus dem tansanischen Partnerdeka-nat Hai. Dennoch gelang es Dr. Dietrich Wünsch 30 Exponate auszuwählen, die sowohl eine zeitliche Entwicklung – die älteste entstand vor dem 15. Jahrhundert – als auch die verschiedenen Zwecke der Bibel und die Internationalität des Wort Gottes ansprechend vermitteln.

Eine Bibel auf Hebräisch – Standardausrüstung für Pfarrer.

Ausführliche Beschreibung

Allein die verschiedenen Einbände, persönlichen Widmungen und Eintragungen sowie die diversen Druckstile und Bilder – ab und an durchaus auch in Farbe – ziehen     optisch den Blick auf die einzelnen Werke. Darüber hinaus hat sich der Alt-Dekan die Mühe gemacht, zu jedem Ausstellungsstück eine ausführliche Beschreibung mit zusätzlichen Bildern anzufertigen. Mit dieser kann sich der geneigte Besucher je nach Zeit und Interessensschwerpunkt intensiver auseinandersetzen.
Jeden Abend wird durchgeschaut, ob die schriftlichen Erläuterungen auch wirklich bei den dazugehörigen Exponaten liegen. Dr. Dietrich Wünsch ist häufig selbst vor Ort anzutreffen, um nach dem Rechten zu schauen. Aber auch, um sich mit den interessierten Besuchern zu unterhalten und sein Wissen mit ihnen zu teilen. Den Anfang der Ausstellung machen die Lutherbibeln, die von Anfang des 16. Jahrhunderts stammen. Es werden kleine, handliche Bücher gezeigt, die man für das tägliche Bibelstudium hernahm. Aber auch an Altar-Bibeln erinnernde imposante Ausführungen gibt es, die jedoch aus Privathaushalten stammen, wo sie mit ihrer Größe den Wohlstand, aber auch die Frömmigkeit des Besitzers unterstreichen sollten.
Innerhalb der Sammlung des Pfarrkapitels gibt es auch die sogenannte „Wuchererbibliothek“. Sie enthält verschiedene Werke, die aus der theologischen Privatbibliothek der Familie Wucherer aus Steinach stammen. Eines davon findet sich auch in der Ausstellung wieder. Ein anderes Ausstellungsstück zeigt die Taufband erneuerung, also das persönliche Gelübde der Besitzerin, das sie vorne in das Buch hineingeschrieben hat.
Bibeln können auch direkt mit der Geschichte der Stadt verbunden sein – etwa jenes Exemplar, das einst für die Bibelstunden im Städtischen Musiksaal verwendet wurde, in einer Zeit als das Dekanat neben der Kirche über keine weiteren öffentlichen Räumlichkeiten verfügte. Während des Dritten Reichs war dieses gemeinsame Bibelstudium in einem städtischen Gebäude dann nicht mehr erlaubt, erklärt Dr. Dietrich Wünsch.
Am meisten ziehen jene Bibeln die Blicke auf sich, die in einer anderen Sprache beziehungsweise sogar mit einer ganz anderen Schrift gedruckt sind. Neben einer englischen, französischen und hebräischen Ausgabe findet sich in der Ausstellung auch eine Bibel in Alt-Syrisch wieder. Beeindruckend ist auch die Bibel aus Schweden, vor allem durch ihre Buchdeckel, die zwar aufgrund des Alters nicht mehr mit dem Rest des Buchs verbunden, aber umso aufwändiger gestaltet sind.
Die Bibelausstellung ist noch bis auf Weiteres im Chorgestühl von St. Jakob zu sehen.   mes

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