Der Gemeinde treu verbunden

Karl-Heinz Gisbertz verbringt Ruhestand in Ohrenbach

OHRENBACH  – „Sie können drei Hallelujah singen“, sagte einst Dekan Johannes Rau zu Karl-Heinz Gisbertz nach dessen Examenspredigt, angesichts der überwältigenden Unterstützung der Rothenburger Bevölkerung, die die Jakobskirche zu diesem feierlichen Anlass bis in die hinterste Bank füllten. Auch am morgigen Sonntag wird – diesmal aber in der Ohrenbacher St. Johannis-Kirche – kein Platz leer bleiben. Denn dann wird ab 14 Uhr mit einem Gottesdienst Pfarrer Karl-Heinz Gisbertz in den Ruhestand verabschiedet.

Ein bisschen Arbeit darf sein: Karl-Heinz Gisbertz in seinem Heimbüro im neugebauten Eigenheim. Fotos: Scheuenstuhl

Es wird aber zum Glück kein Abschied „auf Nimmer-Wiedersehen“ sein. Denn Karl-Heinz Gisbertz hält der Gemeinde, in der er seit 1993 als Pfarrer tätig ist, auch weiterhin die Treue. Zwar hätte er sich seinen Ruhestand auch in seinem Heimatort Burgbernheim vorstellen können, wie er offen zugibt. Doch die familiären Bande nach Ohrenbach, wo er sich gerade mit seiner Frau ein Haus gebaut hat, waren einfach stärker.

Mancherorts gleicht es im Hinblick auf den geistlichen Nachfolger einem Minenfeld wenn der langjährige Pfarrer einer Gemeinde nach dem Ende seiner Dienstzeit weiterhin dort wohnen bleibt. In Ohrenbach besteht da kein Grund zur Sorge. Einerseits holte sich Karl-Heinz Gisbertz dafür zur Sicherheit den „Segen“ des Synodalen Robert Karr. Andererseits weiß er, dass er sich „zurückhalten kann“.
Bis die Zeit der Vakanz, die von Pfarrer Johannes Raithel übernommen wird, vorbei ist, besteht für KarlHeinz Gisbertz aber trotzdem durchaus die eine oder andere Gelegenheit,  seinen Talar anzuziehen. Denn: „Wenn mich noch jemand brauchen kann, dann mache ich es gerne“, erklärt er seine Bereitschaft, auch weiterhin im Dienste der Kirche – und vor allem der Menschen – tätig zu sein. So wird seine erste Amtshandlung im Ruhestand die Taufe des Sohnes von Bürgermeister Johannes Hellenschmidt sein.

26 Jahre lang kümmerte sich Pfarrer Karl-Heinz Gisbertz um Menschen und Liegenschaften der Ohrenbacher Pfarrei.

Er wird darüber hinaus seine neugewonnenen Freiräume aber auch genießen können. Nicht nur hat er jetzt genügend Zeit, den Garten und die Außenanlagen seines neuen Hauses entsprechend herrichten zu können. Er hat sich auch vorgenommen, seiner Frau einige Orte in der Welt – vor allem Siebenbürgen – zu zeigen. Außerdem: „Unsere sechs Enkelkinder werden uns sehr auf Trab halten“, ist der 65-Jährige überzeugt.

Schon am Gymnasium in Bad Windsheim sei ihm klar gewesen, dass er Pfarrer werden wollte. Besonders prägend für diese Entscheidung war sein damaliger Ortspfarrer Manfred Erstling. Dank seiner 28 Jahre stellte er einen „Neustart“ für die Gemeinde dar. Mit den Jugendlichen etwa habe er Fußball und Tischtennis gespielt. „Er war einer von uns“, erinnert sich Karl-Heinz Gisbertz.
Konsequent und streng
Ebenso lebendig ist ihm auch die Erinnerung an seine Konfirmandenprüfung im Gedächtnis geblieben, die die konsequente und strenge Seite des jungen Geistlichen zeigte: 30 Minuten lang musste Karl-Heinz Gisbertz in der Kirche vor der Gemeinde stehen – so lange, bis ihm die richtige Antwort eingefallen war. Dieses Erlebnis sorgte allerdings nicht für einen Bruch mit dem Pfarrer oder womöglich der Kirche allgemein. Vielmehr beeindruckte ihn Manfred Erstling mit diesem „rechten Maß zwischen Strenge und Offenheit“.
Zudem war sein Glaube an sich schon sehr gefestigt – vor allem durch das Zutun seiner Familie, die ihn dann später bei seiner beruflichen Entscheidung unterstützte. Selbst  wenn der Großvater einst bekannte: „Ich brauche keinen Pfarrer, ich brauche einen Landwirt.“ Denn letztlich war es auch er, der festlegte: „Wer am Sonntag nicht in die Kirche geht, der braucht auch kein Fleisch.“ Weniger die drohende Vorenthaltung fleischlicher Genüsse als vielmehr das gemeinsame Erleben des Glaubens, führte Karl-Heinz Gisbertz auf diesen Weg. Er wurde nämlich nicht allein als Kind in die Kirche geschickt, wie heutzutage üblich. „Die Eltern gingen damals mit“, betont er.
Pfarrer konnte überzeugen
Ein Verwandter, der selbst Pfarrer in Adelshofen war, konnte den Großvater dann doch vom Lebensplan des Enkels überzeugen. Und so studierte Karl-Heinz Gisbertz nach dem Abitur an der Augustana Hochschule in Neuendettelsau Theologie. Ab 1980 war er Vikar an St. Jakob in Rothenburg bevor er zwei Jahre später Pfarrer zur Anstellung in Bischofsheim an der Röhn wurde. 1985 wechselte er auf die Pfarrstelle in Wildenholz und Dorfgütingen, seine letzte berufliche Station vor Ohrenbach.
Dort war er dann 26 Jahre lang tätig – mit „immer wechselndem Stellenprofil“. So kamen im Laufe der Zeit Habelsee, Steinach und Mörlbach zur Ohrenbacher Pfarrstelle hinzu. Diese wurde gemäß eines Landesstellenplans zwischenzeitlich auf 50 Prozent reduziert. Die andere Hälfte füllte Karl-Heinz Gisbertz mit dem Schuldienst an der Rothenburger Realschule aus. Dies fiel 2013 mit dem nächsten Landesstellenplan, als die neue Pfarrei Ohrenbach-Steinach aus der Taufe gehoben wurde, allerdings wieder weg.
Kein Signal für Wechsel
Zwischendurch war er auch immer wieder als Vakanzvertretung im Einsatz, etwa in Adelshofen, Windelsbach, Neusitz und Steinsfeld. „Man lernt da Land und Leute kennen“, meint er trocken. In über zwei Jahrzehnten hat er auch seine Gemeindeglieder gut kennen gelernt – und sie ihn. Von Seiten des Dekanats habe es keine Signale gegeben, dass es doch einmal Zeit für einen Personalwechsel wäre und die Gemeinde habe ihn scheinbar „auch ertragen“, erklärt sich Pfarrer Karl-Heinz Gisbertz seine rekordverdächtige Amtszeit.
Zudem war er sich selbst über die Vor- und Nachteile im Klaren. Erstere überwiegen scheinbar – zumal er grundsätzlich einer Pfarrstelle auf dem Land sehr viel abgewinnen kann, während andere Kollegen davon eher abgeschreckt sind. Als absolut positiv empfindet Karl-Heinz Gisbertz den Wert, den das dörfliche Miteinander für viele dort noch hat. Den Reiz einer Pfarrstelle auf dem Land macht für ihn außerdem auch die Tatsache aus, dass der Pfarrer dort „gut beobachtet wird“.
In all den Jahren schätzte er vor allem die „gute Zusammenarbeit“ – sei es mit den Gemeindegliedern oder aber mit den kirchlichen und politischen Funktionsträgern. „Die Kommunen sind uns sehr zugetan“, unterstreicht der Geistliche, dessen fünf Kirchen (Ohrenbach, Oberscheckenbach, Habelsee, Steinach/Ens und Mörlbach) sich mit ihren rund 1150 Gemeindegliedern über zwei politische Gemeinden – Ohrenbach und Gallmersgarten – erstrecken, in diesem Zusammenhang. So trägt etwa die politische Gemeinde 80 Prozent des Kostendefizits der Oberscheckenbacher Kindertagesstätte.

Prägendster Tag: Karl-Heinz Gisbertz (2.v.r.) bei seiner Ordination in Burgbernheim. Foto: privat

Im Verlauf von 26 Jahren kommt es zwangsweise zu vielen – teils schweren Entscheidungen. Ein „trauriges, aber notwendiges Kapitel“, so Karl-Heinz Gisbertz, sei der Verkauf des Pfarrhauses Steinach gewesen. Die Bildung der neuen Pfarrei Ohrenbach-Steinach mit Verlust des eigenen Pfarrers und des Pfarrsitzes für Steinach sei „keine Liebesheirat“, sondern auch vorgegebenes Projekt gewesen. Auch das Gemeindehaus Steinach wird noch einiges Kopfzerbrechen bereiten. Bislang gibt es noch keine Lösung für das ungenutzte Gebäude, das die Raumvorgaben der Landeskirche „bei Weitem übertrifft.

Neben vielen Maßnahmen (Renovierung von Kirchen, Friedhofsmauern und dergleichen) ist besonders die Sanierung des ehemaligen Schulhauses in Ohrenbach – gemeinschaftlich beschlossen von politischer und kirchlicher Gemeinde – zu erwähnen. Eine Million Deutsche Mark wurden in die Hand genommen, um die zur Disposition stehende Immobilie auf Vordermann zu bringen.
„Ein großartiges Fest“ 
Es gab viele Begegnungen, Situationen und Ereignisse in den vergangenen 39 Jahren, die Karl-Heinz Gisbertz noch lange im Gedächtnis bleiben werden. Persönlich am meisten berührt hat ihn aber seine Ordination, die auf seinen Wunsch hin in seiner Heimatgemeinde Burgbernheim stattfand. „Es war ein großartiges Fest“, erinnert er sich. Den Start in das Pfarrersleben mit so vielen Wegbegleitern  („mit einem ganzen Omnibus an Gemeindegliedern aus Rothenburg“ sowie Gästen aus der Röhn), Studienkollegen, alten und jungen Pfarrern zu begehen, hat bei ihm einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Der Abschied vom Pfarrersleben wird da am morgigen Sonntag wohl nicht weniger emotional ausfallen. mes

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*