Grenze zwischen Realität und Fiktion aufzeigen

Mit dem „CineClub“ will das Mittelalterliche Kriminalmuseum nicht nur unterhalten, sondern auch informieren

ROTHENBURG – So manches Lachen entlockte Broccolis Familien-Musical „Chitty Chitty Bang Bang“ den Rothenburger Kinofreunden am Montagabend zum Auftakt des „CineClubs“ am Kriminalmuseum. Dem unfreundlichsten Gesicht des Januars zum Trotz erfreute sich die Veranstaltung einer ansehnlichen Besucheranzahl.

Die Filmfans ließen sich von „Chitty Chitty Bang Bang“ gut unterhalten. Foto: privat

Von wegen angestaubt! Dass Museen auch einmal etwas Neues wagen mü̈ssen, um als Kultureinrichtungen in der digitalisierten Welt bestehen zu können, weiß Museumsdirektor Dr. Markus Hirte. Das Kriminalmuseum wolle mit der neuen Veranstaltungsreihe eine Brü̈cke zur Traumfabrik Hollywood schlagen. Die unterhält den geneigten Besucher nicht nur prächtig, sondern lässt kü̈nstlerischer Freiheit und Unterhaltungswert zugunsten auch häufig einmal die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen – selbst dann, wenn das Produkt eigentlich als Historienfilm ausgelobt wird.

Hier möchte das Kriminalmuseum, so Hirte, mit seinem „CineClub“ ansetzen. Museen seien schon immer Mittler zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit gewesen. Der „CineClub“ soll mehr als nur ein kurzweiliges Kinovergnü̈gen in der dunklen Jahreszeit bieten, wenn Filme genau beleuchtet und interessante Details ans Licht gebracht werden. Bei der Veranstaltungsreihe sollen zukü̈nftig Filme verschiedenster Genres, vom Krimi ü̈ber den Historien- bis zum Horrorfilm, unter die Lupe genommen werden. Auch die Rothenburger Filme sollen nicht vergessen werden. Aufgrund des vielerseits bekundeten Interesses im Nachgang der Ausstellungseröffnung der kleinen, derzeit im Foyer des Museums ausgestellten Sonderschau zum in Rothenburg gedrehten „Chitty Chitty Bang Bang“ startete der „CineClub“ mit dem beliebten Familien-Musical.
Die Medienassistentin des Kriminalmuseums und studierte Medienwissenschaftlerin Charlotte Kätzel bot den Kinofreunden mit einem kleinen Vortrag in lockerer Runde einen Einblick hinter die Kulissen des 1968 veröffentlichten Films. Die sprichwörtlichen Kulissen enthü̈llen bei einem genaueren Blick große Gemeinsamkeiten mit den James Bond-Filmklassikern, die ebenso wie „Chitty Chitty Bang Bang“ auf Bü̈chern von Ian Fleming basieren. Die buchstäblichen Kulissen des beliebten Klassikers rund um das fantastische Auto mit dem außergewöhnlichen Namen wurden in den 60er Jahren in Rothenburg aufgeschlagen.
Gerade den alteingesessenen Rothenbuger Cineasten zauberten die in ihrem Heimatort gedrehten Aufnahmen bei der Filmvorfü̈hrung ein Lächeln auf die Lippen – vor allem dann, wenn im Hintergrund der Kopfsteinpflastergässchen Rothenburgs wie selbstverständlich Schloss Neuschwanstein aufragt, Montagetechnik sei Dank.
Ein Anliegen des „CineClubs“ soll sein, versteckte Leitmotive und Referenzen in Filmen zu entdecken. Bei „Chitty Chitty Bang Bang“ etwa, so Kätzel, gäbe es deutliche Anspielungen auf das Dritte Reich, lasse sich das Musical doch als Nachkriegsfilm ü̈ber einen (als typisch deutsch gekennzeichneten) Tyrannenstaat lesen, dessen Herrscher es auf eine bestimmte Gruppe von Menschen abgesehen haben. Aber auch Anleihen an die Märchenwelt der Gebrü̈der Grimm, ob Hänsel und Gretel oder den Rattenfänger von Hameln, sowie das Wiederaufleben von Cervantes Traumtänzer Don Quijote in Gestalt von Flemings verträumtem Erfinder Caractus Potts begegneten den Zuschauern.
Der Abend schloss nicht nur mit ­einem „Happy End“ im und einer kleinen Diskussion ü̈ber den Film, sondern auch mit einem Ausblick auf den nächsten „CineClub“-Abend am 25. Februar um 17 Uhr. So viel sei schon einmal verraten: Die Kinofans werden dann entfü̈hrt in das (vielleicht doch gar nicht so dü̈stere?) Mittelalter, wo sie einen Franziska-nermönch bei der Aufklärung eines mysteriösen Todesfalls in einem Kloster begleiten werden. Die FSK-Freigabe liegt bei 16 Jahren. mh

 

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