Genussvoller Start in das Jahr
Heckenwirtschaften: das Bewahren einer Tradition ist Freude und Arbeit zugleich
ROTHENBURG LAND – Genuss, Bodenständigkeit, Gastfreundschaft, Ungezwungenheit und Geselligkeit: All das findet man in einer Heckenwirtschaft. Nach und nach haben jedoch viele „Häcker“ im Taubertal ihren Weinbau eingestellt – den „Besen“ sucht man seitdem vergeblich vor ihrer Haustür. Es gibt aber zum Glück noch ein paar Privatwinzer, die mit viel Herzblut die liebgewonnene Tradition der Heckenwirtschaften am Leben erhalten.

Ein untrügliches Zeichen: Wenn der „Besen“ (oder „Butzen“) vor der Tür hängt, ist die Heckenwirtschaft geöffnet. Fotos: mes
Das Ganze steht und fällt allerdings mit der Unterstützung, die sie erhalten. Denn auch wenn es meist „nur“ die Wochenenden im Januar und Februar sind, an denen man den „Besen“ oder „Butzen“ – das untrügliche Zeichen, dass die Heckenwirtschaft geöffnet ist – vor die Tür stellt, muss das erst einmal zeitlich neben dem Haupterwerb gestemmt werden. Hier zeigt sich einmal mehr, dass Familie, Verwandtschaft und Freunde Gold wert sind.
So werden etwa Ingrid und Georg Bezold von ihrer Schwiegertochter und der Enkelin bei der Bewirtung der Gäste unterstützt. Bis 1990 waren sie in der Gastronomie als Selbstständige tätig. 1992 entdeckte Georg Bezold dann den Weinbau für sich. Die Familie Dörfler aus Tauberzell, die dort ebenfalls einst eine Heckenwirtschaft betrieben hat, gab ihm die nötigen Tipps, damit er auf seinen 40 Ar in Archshofen eine guten Weinertrag einfahren konnte.
Mit einmaligem Ausblick
Mit dem Umzug im Jahr 2004 von Tauberzell nach Bettwar gab man die Heckenwirtschaft nicht auf. Im Gegenteil: Das im Rohbau befindliche Schwimmbad des Vorbesitzers wurde eigens für den Zweck, Gäste in heimeliger Atmosphäre begrüßen zu können, umgebaut. In dem unteren Raum gibt es 20 Plätze, in dem oberen – mit einem einmaligen Ausblick über den Ort und das Taubertal – können weitere 15 Personen untergebracht werden. „Wenn man lange zusammensitzt, wird es eh lustig“, sagt Georg Bezold über die ungezwungene Stimmung, die in so einer Heckenwirtschaft herrscht. Wenn der große Trubel nach der Essenszeit nachlässt, können sich die Betreiber auch mal zu ihren Gästen setzen und sich mit ihnen unterhalten. Darunter sind auch Stammgäste, die beispielsweise jedes Wochenende vorbeischauen oder Vereine und Clubs, für die der eine Besuch in der Heckenwirtschaft pro Saison längst Tradition ist. Nicht selten wird da direkt ein Tisch für das kommende Jahr reserviert.

Ingrid und Georg Bezold (v.r.) genießen die Zeit mit ihren Stammgästen unter den Blicken ehemaliger Weinprinzessinnen.
In Heckenwirtschaften wird ausschließlich der eigene Wein ausgeschenkt, andere alkoholische Getränke sind auf der Karte nicht zu finden. Dafür aber Hausmannskost. Bei Familie Bezold sind die Bratwürste mit Kraut besonders beliebt. Neben derartigen kleinen deftigen Speisen gibt es generell auch Vesper und zum Kaffee die eine oder andere fränkische Backspezialität wie Schneeballen, Zimtrollen und Küchle.
Ein Besuch in der Heckenwirtschaft ist manchmal auch ein Stück weit eine Erinnerung an die gute alte Zeit, in der man vielleicht selbst noch Zuhause geschlachtet oder mit der Großmutter für Familienfeste gebacken hat. Die Betreiber der Heckenwirtschaft legen deshalb großen Wert darauf, – neben dem Wein – soviel wie möglich selbst herzustellen.
Auch bei Familie Schneider aus Tauberzell wird deshalb nur selbstgebackenes Brot zum Vesper gereicht und auch Schneeballen und Zimtrollen kauft man nicht von Dritten. Martina Schneider wird dabei von Schwester, Oma und Freundinnen unterstützt – und ihrem Sohn. Er hat die Aufgabe übernommen, den Schinken selbst zu räuchen – so wie es ihm sein Opa einst gezeigt hat.

Heinz, Martina und Frank Schneider freuen sich über die „5. Jahreszeit“ in Tauberzell.
Aber auch Tochter Lena packt mit an. An Wochenenden nehmen sich die 24-Jährige und ihr 25-jähriger Bruder nichts vor und helfen ganz selbstverständlich mit, lobt Martina Schneider den Einsatz ihrer Kinder. Durch die beiden hat sich auch ein wenig das Klientel geändert: In letzter Zeit kommen immer mehr jüngere Besucher in die Heckenwirtschaft.
Familie Schneider bewirtschaftet insgesamt 10 Ar auf den alten Weinbergen bei Tauberzell. Darunter sind auch zwei Reihen an Reebstöcken, die 1936 angepflanzt wurden. Martina Schneiders Familie war seither für ihren Weißwein bekannt. Durch ihren Mann Heinz wurde das Angebot dann auf Rotwein ausgeweitet. Aber auch andere Dinge, wie die Technik zum An- und Ausbau des Weines sowie die Ansprüche der Gäste, haben sich im Laufe der Zeit verändert. Was jedoch gleich geblieben ist, ist die lockere Art, mit der sich Gäste und Betreiber an den geselligen Heckenwirtschaft-Tagen austauschen.
Martina Schneider selbst kann sich noch erinnern, wie sie als kleines Kind in der Heckenwirtschaft ihrer Eltern zwischen den Tischen und Stühlen herumgewuselt ist. Das war zu einer Zeit, als man noch die Wohnstube ausräumte, um die Gäste zu bewirten. Seit 1998 befindet sich die Schneidersche Heckenwirtschaft in der ausgebauten Scheune zwischen altem und neuem Wohnhaus.
Keine Berührungsängste
Mit den vorhandenen 38 Sitzplätzen liegt man gerade noch unter der traditionellen Obergrenze von an die 40 Plätzen, die für eine Heckenwirtschaft erlaubt sind. Wie viele Personen dann auf diesen Plätzen zusammenrutschen, steht allerdings auf einem anderen Papier. „In einer Heckenwirtschaft ist es erst dann schön, wenn der Schenkel vom Nachbarn auf dem eigenen Bein liegt.“ Mit dieser Heckenwirtschaft-Weisheit beschreibt Christa Müller, das Berührungsängste in einer Heckenwirtschaft fehl am Platze sind.
Zusammen mit ihrem Mann Reinhold und Tochter Julia kredenzt sie ebenfalls in Tauberzell den Gästen ihren eigenen Wein. Auch hier hilft die ganze Familie mit.

Familie Müller und ihre fleißigen Helfer stoßen auf die schöne Zeit der Heckenwirtschaft an.
Neben Christa Müllers, Bruder Thomas Kral und ihrer Schwester Ilse, die zusammen mit ihrem Mann Erwin die Kuchen zaubert, ist auch Oma Else mit ihren 89-Jahren ein wichtiges Mitglied im Müllerschen Heckenwirtschaft-Team. Ebenso wie „Howie“ (eigentlich Manuel), Silke und Margit, die die Spätschicht mit dem etwas jüngeren Publikum übernehmen.

Besonderes Ambiente: Gerhard, David und Magdalena Blumenstock im eigenen „Bauernmuseum“.
Gerhard Blumenstock betreibt mit Geschwistern, Schwägerinnen und der Unterstützung seiner Kinder die Heckenwirtschaft oberhalb des Taubertals. Die meisten der Gäste finden in dem rustikal eingerichteten Hauptraum Platz. Daneben gibt es aber noch einen zweiten Raum, den die Familie liebevoll als ihr „Bauernmuseum“ bezeichnet. Denn dort hat Gerhard Blumenstocks Vater viele historische Schätze ausgestellt, um einen Einblick in das bäuerliche Leben von einst zu geben.

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