„Nicht mehr länger warten“

Der Rothenburger Einzelhändler Marco Reeb macht gezielten Vorstoß in die Öffentlichkeit

ROTHENBURG – Bewusst provokant hat der Einzelhändler Marco Reeb in der Oberen Schmiedgasse eines seiner großen Schaufenster gestaltet. In der Hoffnung, dass sich in Rothenburg, wo der internationale Touris­mus eine wichtige Rolle spielt, ein breites Bündnis zur Lockerung des Ladenschlussgesetzes formiert. Als Druckmittel auf die bayerische Landesregierung.

Dieses Schaufenster ist ein Hingucker: eine Inszenierung mit klarer Botschaft. Foto: Schäfer

Zu dem Alleingang hat er sich entschlossen, weil er nicht länger untätig darauf warten will, dass etwas passiert in Sachen verkaufsoffene Sonntage. Vornehme Zurückhaltung sei fehl am Platz und führe nicht zum Erfolg. Marco Reeb plädiert für eine Lockerung, um Geschäften mehr Spielraum einzuräumen.  Die Reeb-Cristallerie ist Mitglied im Einzelhandelsverband, jedoch nicht im Stadtmarketing-Verein. „Ruhe sanft. Rothenburger Einzelhandel“. Mit Kreuz und schwarzem Trauerrand beklagt Marco Reeb plakativ:  „Tot den verkaufsoffenen Sonntagen – dank unfähiger und untätiger Landespolitik“. Dekoriert ist das Schaufenster mit einem Sarg aus mahagonifarben gebeiztem Holz, Totenkopf, Kerzenleuchtern und anderen Utensilien, die für Tod, Trauer, aber auch für ein Stück Hoffnung stehen.

40 Jahre konnte man an 40 Sonn- und Feiertagen im Jahr in Rothenburg einkaufen, heißt es in einem ausgestellten Brief an die „lieben Kunden“.  Der Geschäftsinhaber befürchtet Einschnitte. Das Landratsamt habe insbesondere in den letzten zwei Monaten die Geschäfte polizeilich kontrollieren lassen und unzählige Anhörungsbogen an die Ladenbesitzer verschickt „wegen angeblicher Verstöße gegen das bayerische Ladenschlussgesetz. Bußgeldbescheide werden angedroht.“ Wie Marco Reeb weiter ausführt „werden nach Schätzungen zirka 90 Prozent aller Geschäfte sonn- und feiertags schließen müssen.“
Dass diese Verkaufstage für den touristischen Einzelhandel existenziell seien,  „interessiert die Behörden nicht.“ Die seit Jahrzehnten regierende CSU sei „bisher nicht in der Lage gewesen, das Ladenschlussgesetz so zu gestalten, dass unsinnige Aktionen gegen die Ladenbesitzer unterbleiben können.“ Während man im Internet 24 Stunden am Tag an 7 Tagen die Woche einkaufen kann, bekomme der stationäre Einzelhandel „nur Knüppel zwischen die Beine geschmissen.“ Dabei seien es nicht die Online-Handelsplattformen, die zu lebendigen Innenstädten führen. Mit Laden-Begehungen durch Vertreter des städtischen Ordnungsamtes und des Landratsamtes zur Prüfung des Warensortiments würden „im Prinzip schon Nägel mit Köpfen gemacht“, so die Befürchtung des Rothenburger Einzelhändlers.
Entscheidendes Kriterium für die Öffnungserlaubnis an Sonntagen soll künftig sein, „dass der überwiegende Teil des Umsatzes durch touristische Nachfrage erzielt wird.“ Marco Reeb sieht diese Definition nicht klar genug formuliert. „Was heißt überwiegender Teil?“ Der Vertreter des Landratsamtes legt als Maßstab „50 Prozent plus“ an. „Das steht in keinem Gesetz und in keiner einschlägigen Kommentierung“, so Marco Reeb. „Auch der Handelsverband in Nürnberg sieht das anders.“
Es gebe auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den es zu wahren gilt. „Mir kommt das teilweise eher wie Willkür eines einzelenen Beamten vor“, beklagt der Einzelhändler. Neue Hoffnung schöpft Marco Reeb aus der schwarz-orangen Koalition aus CSU und Freie Wähler in Bayern.
Der aktuelle Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hatte einst in der Opposition eine Gesetzesänderung im Landtag eingebracht, „die exakt dem entsprechen würde, was Rothen­burg braucht.“ Dies wurde seinerzeit von der CSU abgelehnt. Der Rothenburger Einzelhändler würde sich wünschen, dass für die touristischen Regionen eine Lösung gefunden wird, die die starre Vorgabe eines ­Warensortiments, das an Sonntagen verkauft werden darf, aufgegeben wird.
Mitte nächster Woche nimmt er am Neujahrsempfang des Handelsverbandes Bayern in München teil. Anwesend wird der Präsident des bayerischen Einzelhandelsverbands Ernst Läuger sein. Eventuell gehört auch  Hubert Aiwanger zu den Gästen. Dr. Markus Söder hält die Festrede. Auch hier hofft Marco Reeb auf Gelegenheit, die Situation des touristischen Einzelhandels anbringen zu können. „Die Problematik sollte eigentlich bekannt sein. Nur mit der Dringlichkeit zu Lösungen scheint es nicht weit her zu sein.“   sis

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