Viel Anlass zur Dankbarkeit

Ehrenamtliches Engagement im feierlichen Rahmen gewürdigt und anerkannt

ROTHENBURG – Jemandes Leistung anerkennen, öffentlich wertschätzen und loben: Diese Art der Achtung ist gesellschaftlich von großer Bedeutung. Das Miteinander lebt geradezu von solchen Gesten. Der Neujahrs­empfang der Stadt am Freitagabend im zweiten Stock des Rathauses war auch in diesem Jahr würdiger Rahmen für Ehrungen und Dank an engagierte Bürger.

Die „guten Geister“ im Toppler-Theater werden für ihren Wohlfühl-Service geschätzt: Luise Hahn (v.li), Hildegard Hellenschmidt, Uschi Kirchberger, Gisela Eugen und Karin Benz. Fotos: sis

Flankiert von seinen beiden Stellvertretern Kurt Förster und Dieter Kölle bat Oberbürgermeister Walter Hartl, der für den feierlichen Anlass seine Amtskette trug, zunächst Erich Wernet nach vorne, um eine Laudatio auf den    engagierten Posaunisten zu halten. Seit über 65 Jahren ist er im Posaunenchor tätig. Zunächst zehn Jahre lang in Oberdachstetten, bevor er dann zum Posaunenchor St. Jakob in Rothenburg kam.
1978 übernahm Erich Wernet die Leitung des Posaunenchors in Heilig Geist. Er ist damit einer der dienstältesten Chorleiter der Landeskirche, Ehrenamtlich bildete er in dieser Zeit mit großem persönlichen Engagement, Geduld und einem beachtlichen Zeitaufwand über sechzig Jungbläserinnen und Jungbläser aus. „Von dieser Nachwuchsarbeit haben viele Posaunenchöre profitiert“, sagte OB Hartl und dankte dem Musiker, der mit seiner Arbeit und seinem Einsatz vielen Menschen Freude bereitet hat.
In den Blickpunkt rückte das Stadtoberhaupt auch fünf Rothenburger, die sich Menschen annehmen, die schwere Zeiten durchmachen. Dazu zählen vor allem auch diejenigen Personen, die in der Obdachlosenunterkunft leben. Es sind häufig tragische Schicksale damit verbunden. Diese Menschen zu betreuen, ihnen Mut zu machen, sie aufzubauen und zu motivieren ist keine leichte Aufgabe.  Uschi Memhardt, Beate Junkersfeld, Eva Förster-Kern, Doris Weinreich-Orth und Thomas Raithel unterstützen die Stadtverwaltung hierin. „Dieses ehrenamtliche Engagement setzt gute Nerven, Frustrationstoleranz, aber auch immer wieder die klare Aussage voraus, welches Mitwirken von diesen Personen erwartet wird“, wie OB Hartl betonte, „und man muss sich  den Blick für kleine positive Veränderungen bewahren.“
Ein herzliches Dankeschön gab es auch für eine Frauengruppe, die sich ehrenamtlich für das Toppler-Theater engagiert. „Zu einem gelungenen Theaterabend gehört, dass vor der Aufführung und in der Pause für das leibliche Wohl gesorgt ist“, wie Walter Hartl betonte. Diese Aufgabe  übernehmen Luise Hahn, Hildegard Hellenschmidt, Uschi Kirchberger, Gisela Eugen und Karin Benz. Verhindert waren Monika Gotzig, Rita Schwarz, Ingeborg Dreyer, Anni Fiedler und Christina Löblein. „Abend für Abend während der mehrwöchigen Theatersaison hinter der Theke zu stehen ist eine beachtenswerte Leistung“, so OB Hartl. Allein im letzten Jahr konnte das Toppler-Theater durch diesen Einsatz immerhin Einnahmen von 15000 Euro verbuchen. Die Helferinnen geben auch Decken und Regenschutz an die Theaterbesucher aus, damit diese gut versorgt und betreut sind, was zur freundlichen und familiären Atmosphäre des Theaters beiträgt.

Aufgeweckter Nachwuchs beim Empfang: Abordnung der Jugendfeuerwehr mit Betreuern.

Auch die Verdienste der Dokumentarfilmgruppe von Thilo Pohle wurden gewürdigt, die sich in den vergangenen 35 Jahren weit über Rothenburg hinaus einen Namen gemacht hat. Beispielhaft genannt seien die  Filme über die Männer von Brett­heim, das Massaker von Oradour oder die Kapitulation Rothenburgs. Insgesamt wurden 40 dokumentarische Filme in 17 Sprachen produziert. Mehrfach wurden hierfür auch internationale Auszeichnungen verliehen. Eine ganz besondere Auszeichnung erhielten Thilo Pohle und seine Dokumentarfilmgruppe erst kürzlich: In Augsburg wurde ihnen der Marion-Samuel-Preis verliehen. Mit dieser Auszeichnung werden Personen und Institutionen bedacht, die sich mutig und aufklärend gegen das Vergessen, Verdrängen und Relativieren der in der NS-Zeit begangenen Verbrechen wenden und eine ebenso wissenschaftliche wie öffentlichkeitswirksame Aufarbeitung dieser Zeit voranbringen. „Die Erinnerungskultur wachzuhalten, scheint mir heute wichtiger denn je“, erklärte OB Hartl. Thilo Pohle nahm den Dank gemeinsam mit der ehemaligen Filmschülerin Jessica Helliti entgegen, die inzwischen bei Rothenburgs größtem Arbeitgeber, Electrolux, arbeitet.

Knapp zweihundert geladene Gäste nahmen am Neujahrsempfang der Stadt teil und sparten nicht mit Beifall als Zeichen der Anerkennung für das bürgerschaftliche Engagement. Darunter der Bundestagsabgeordnete Artur Auernhammer, Landrat Dr. Jürgen Ludwig und sein Stellvertreter Kurt Unger, Bezirksrat Herbert Lindörfer sowie Vertreter der amerikanischen Streitkräfte. Herzlich willkommen geheißen wurde auch die Rothenburger Jugendfeuerwehr, die mit einer Abordnung vertreten war.
Mit Zuversicht geht OB Hartl das neue Jahr an. „Wir freuen uns auf die Fertigstellung des europäischen Hauptquartiers der amerikanischen Firma Teknor Apex, auf die Freigabe der Entlastungsstraße und entwicklen wichtige Planungen weiter“. So zum Beispiel für ein neues kleines Gewerbegebiet an der Würzburger Straße, ein neues Wohnbaugebiet im Bereich der Schweinsdorfer Straße und für das Montessori-Schulzentrum in der Bleiche. „Zudem hoffen wir, dass es gelingt, das Brauhaus-Areal weiter zu entwickeln.“
In seiner Rede warf das Stadtoberhaupt auch einen Blick in die Geschichte. „Manchmal geschieht Überraschendes.“ So wie vor 30 Jahren, als sich zunächst in Ungarn der „Eiserne Vorhang“ öffnete und damit eine Dynamik in Gang setzte, die wohl niemand vorausgeahnt hatte. Die tödliche Grenze, gespickt mit Minen und Selbstschussanlagen wurde auf friedliche Weise überwunden. Ein neues Zeitalter schien anzubrechen. Nicht mehr das der Konfrontation zwischen Ost und West, sondern das des Miteinanders. „Manche dieser Hoffnungen haben sich heute, 30 Jahre später, relativiert. Seit einigen wenigen Jahren ist das politische Klima zwischen Ost und West wieder abgekühlt“, so OB Hartl, „und auch in Europa ist vom Miteinander weniger zu spüren.  Es wird abgegrenzt und ausgegrenzt. So entstehen neue Barrieren.“
Gerade erlebe man, wie Nationalisten auch in Europa Schritt für Schritt demokratische Werte beschneiden. Hartl nannte Polen und Ungarn. „Die Gerichte werden gleichgeschaltet, ebenso die Medien und am Ende wird die Opposition durch Repressalien unter Druck gesetzt. Wo Nationalisten an der Regierung sind, geraten demokratische Werte in Gefahr.“ OB Hartl warb dafür, der Demokratie den Rücken zu stärken. Indem man wählen geht oder sich selbst zur Wahl aufstellt. Für die Datensicherheit und für ein zivilsiertes Netz kämpft, Zivilcourage zeigt, Institutionen unterstützt und für die Solidareinrichtungen dieser Gesellschaft eintritt und sich gesellschaftlich engagiert. Auch die Kirchen und aufgeklärte Glaubensgemeinschaften anderer Religionen „halten die Gesellschaft zusammen.“ Die Demokratie lebe auch vom Engagement des Einzelnen, der sich freiwillig und ehrenamtlich einsetzt.
Nach dem offiziellen Teil, der von einem Ensemble der Musikschule unter der Leitung von Dr. Peter Kamleiter umrahmt wurde, konnte der Abend bei leckerem Essen und geselliger Runde fortgesetzt werden. Das Buffet bestückte diesmal ein Lieferant aus Schönbronn. Angesichts widriger Wetterverhältnisse, Eis und Schnee beeinträchtigten das Fortkommen auf den Straßen, verzögerte sich die Anlieferung, so dass man sich zunächst am Getränkeausschank traf.
Thomas Raithel hatte eine Rede vorbereitetet, in der er kurz auf die Situation der wohnungslosen Menschen in Rothenburg eingehen wollte, die wegen großer sozialer Schwierigkeiten ihre Wohnung verloren haben und obdachlos wurden. Bei dem straffen Ablauf der Ehrungen verpasste er die Gelegenheit, das Wort zu ergreifen. Sein wichtiges Anliegen ist es aber wert, berücksichtigt und an die Öffentlichkeit gebracht zu werden. Nachfolgend nun Auszüge aus seiner Rede, die er gern gehalten hätte. „Es braucht Verständnis für die besonderen sozialen Schwierigkeiten, die manche Menschen haben. Sie haben sich so verstrickt in ihre Sicht der Dinge, haben zusätzlich Sucht- und psychische Probleme und haben in einer auslösenden Krise dann ihre Wohnung verloren.“
 Ihnen will die Gruppe mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit helfen, die insbesondere Eva-Förster Kern, Doris Weinreich-Orth, Uschi Memhardt und weitere Mitarbeitende des Hospizvereins leisten. Beate Junkersfeld, Roland Pfaffelhuber vom städtischen Ordnungsamt und Thomas Raithel, Leiter und Geschäftsführer der gemeinnützigen Evangelischen Jugendsozialarbeit, machen die Arbeit zum Teil dienstlich. „Wir unterstützen wohnungslose Menschen darin, dass sie bald die nötige fachliche Hilfe bekommen“.
Es gebe einen Rechtsanspruch auf Hilfe zur Überwindung dieser sozialen Schwierigkeiten“, ist ihm wichtig zu betonen. „Es zeichnet sich ab, dass wir hier bald Fortschritte erzielen können“. Es habe „ein konstruktiver Dialog mit den Kostenträgern begonnen“. Für diese „moralische und politische Unterstützung in diesem Dialog“ ist nach Meinung von Thomas Raithel ein Wort des Dankes angebracht. sis

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