Aus dem Gefühl heraus malen

Für Hanna Nagel ist Kunst mehr als reine Technik, sondern Herzensangelegenheit

GEBSATTEL – Ein wahrhaft „feinmaliges“ Zuhause hat sich Hanna Nagel da im Dach­geschoss ihres Elternhauses im Tulpenweg eingerichtet, denn zur Zeit sind dort in einer kleinen, aber umso beeindruckenderen Ausstellung ihre Gemälde zu sehen. Der 29-Jährigen geht es dabei um weit mehr, als den einen oder anderen Euro hinzuzuverdienen. Vielmehr möchte sie ihre Werke „in die Welt geben“ und „für globale Herzerwärmung“ anderen Menschen ebenfalls unter die Arme greifen.

Aus dem Herzen heraus malen ist das Credo von Hanna Nagel – hier inmitten ihrer Werke „Nirvana“ (li.) und „Illusion“. Fotos: Scheuenstuhl

Denn sie ist überzeugt, dass man    es doppelt und dreifach zurückbekommt, wenn man etwas von Herzen gibt. Und so fließen 25 Prozent der Einnahmen aus der aktuellen Kunst­ausstellung an Menschen, die sich mit Hilfe von Seminaren und Coachings den nötigen Raum schaffen wollen, die „Stimme des Herzens wahrzunehmen“.

Sie selbst weiß nämlich am besten, wie es ist, wenn man nicht mehr mit ganzem Herzen bei der Sache ist. Zwar hat sie mittlerweile den Schritt gewagt, als freischaffende Künstlerin  ihrem tiefsten inneren Verlangen, sich künstlerisch auszudrücken, zu folgen. Doch zuvor war die Malerei lange Zeit in den Hintergrund gerückt. „Als kleines Kind habe ich viel mit Buntstiften gemalt“, erinnert  sich Hanna Nagel. Auf diese Weise „ganz unbeschwert“ stunden- und tagelang etwas zu Papier zu bringen, habe ihr am meisten Spaß gemacht.
Doch schon bald sei ihr bewusst geworden, „wenn ich nicht auf diese oder jene Art male, finden es andere nicht schön“. Und so ging für sie in einem schleichenden Prozess der reine, unverfälschte künstlerische Ausdruck – nämlich direkt vom Herzen auf die Leinwand – immer mehr verloren. Als Teenager belegte sie Kurse für Pastellkreiden- und Aquarellmalerei und gewann auch bei einigen Kunstwettbewerben, wie etwa dem Europäischen Wettbewerb. Selbstverständlich wählte sie auch den Kunst-Leistungskurs am Gymnasium.
„Malen hat mir da zwar immer noch Spaß gemacht“, erklärt sie.  Doch der Leistungsgedanke nahm einen immer größeren Raum ein – zu ihrem Leidwesen. Hanna Nagel zog daraufhin die künstlerische Notbremse und studierte in Berlin Psychologie und mentale Gesundheit. Daran schloss sie eine Ausbildung im Bereich Landschafts- und Gartenbau an, bevor sie dann in Karlsruhe ihren Master in Biodiversität und Umweltbildung machte. Der Drang zu malen verlor sich aber nie. So sei sie beim Schreiben immer wieder in die ausschmückendere Kalligrafie verfallen.
Die Augen geöffnet
„Diese Zeit zu erleben war extrem wichtig, um sich hier wieder wohl zu fühlen“, sagt sie. Es habe ihr die Augen geöffnet, was sie hier in ihrer Heimat für gute Bedingungen habe. Sie ist zudem dankbar, dass sie auf diesem Weg viel Unterstützung, allen voran von ihren Eltern, erfahren habe, um wieder einen „Zugang zu ihrem Herzen“ und zu dem, was ihr wirklich Spaß macht – nämlich die Malerei – zu bekommen.
Es ist diese Feinfühligkeit und außergewöhnliche Gabe zur Reflektion der Malerin, durch die ihre Werke nicht nur unter rein ästhetischen Gesichtspunkten den Betrachter in ihren Bann ziehen. In ihnen ist, mal mehr, mal weniger offensichtlich, auch eine tiefgründige Symbolik zu finden. Das Werk „Illusion“ etwa steht für ein Herausgreifen aus dem begrenzten menschlichen Erleben und Verstand.
Nur mit den Fingern
Die strahlende Sonne in warmen Gelb- und Rottönen in dem Gemälde „Nirvana“ ist entstanden, als sich Hanna Nagel selbst in einem „sehr tristen Zustand“ befand. Die schwungvollen Linien sind rein aus einem Gefühl heraus entstanden, erklärt die Künstlerin, ohne Pinsel, sondern nur mit den Fingern. „Das ist für mich die entspannteste Art der Malerei“, sagt sie. Anstrengend hingegen sei für sie, „ganz akribisch“ etwas abzumalen.

„Anne Frank“-Diptychon in Gouache: Hinter der schönen Fassade verbirgt sich Schreckliches.

Die Anfänge ihrer Ausei­nandersetzung mit der Aquarellmalerei sind in der Ausstellung ebenso zu sehen, wie beispielsweise ihre imposante Facharbeit: ein Jahreskreis, der Zeit, Augenblick, Vergänglichkeit und Ewigkeit darstellt. Zu Hanna Nagels favorisierten Techniken zählt die Pastellkreide, mit der sich besonders sanfte Übergänge und Verläufe umsetzen lassen. „Super super gerne“ male sie aber immer noch mit Buntstiften – wie früher als Kind.

In naher Zukunft möchte sie mehr mit Naturmaterialien arbeiten und Farben auch selbst herstellen. Sie hat sich auch bereits ein wenig mit Grafikdesign befasst, doch sie möchte ihr Augenmerk weiterhin vor allem auf den künstlerischen Ausdruck von Hand legen und so wenig Technik wie möglich verwenden.
Früher habe sie an ihren Bildern festgehalten und wollte sie eher bei sich behalten. Mittlerweile empfindet sie es als schön zu wissen, dass sie  irgendwo bei Menschen hängen, die ihnen Freude bringen. Vor Weih-nachten zeigte sie ihre Werke an einem Stand im „Zentro“. „Viele tolle Gespräche“ mit Interessierten hätten sich dabei ergeben und bestätigten sie in ihrem Vorhaben, ihr Portfolio in einem größeren Rahmen zu zeigen.
Und so sind sie nun – nach einem Jahr Vorbereitungszeit – in Hanna Nagels „Kunstzauberreich feinMalig“  im Tulpenweg 1 zu sehen. Noch bis Sonntag besteht die Möglichkeit, jeweils von 9 bis 21 Uhr, sich von den Gemälden in den Bann ziehen zu lassen und vielleicht auch eines beziehungsweise einen Kunstdruck oder eine Postkarte zu erwerben. Vielleicht entwickelt sich das Ganze  auch zu einer Dauerausstellung: Hanna Nagel hat nämlich Gefallen daran gefunden, ihre Bilder ständig um sich zu haben und sogar zwischen ihnen zu leben. mes

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