Volles Programm

Doppelter Kabarettspaß in der Albert-Zietz-Halle

SCHILLINGSFÜRST – Das politische System entlarven, das Publikum zum Nachdenken bewegen – das sind die hehren Ziele des Kabarettisten Christoph Maul. Seit seinem Debüt vor knapp zwei Jahren in der Korn-Halle ist er rege unterwegs, um im Dienste der Aufklärung zu arbeiten – inzwischen auch mit professionellen Kollegen.

Der fränkische Humor ist besser als sein Ruf: Kabarettisten genießen beim Publikum eine gewisse Narrenfreiheit. Fotos: Schäfer

Am Freitagabend gab der gebürtige „Frankemer“ ein Gastspiel in der ausverkauften Albert-Zietz-Halle – zusammen mit Jochen Schaible. Der Wahl-Schweizer ist in Ehingen am Hesselberg aufgewachsen und hält nach wie vor Kontakt zu seiner Heimat. 2012 gewann er bei der Fastnachts-Talentschau des Bayerischen Fernsehens den Comedypreis „Franken sucht den Supernarr“. Christoph Maul kam 2014 in seiner Rolle als  Hausmeister der „Frankemer Stupfl“ ins Finale und steigerte seinen Bekanntheitsgrad. Seine Bühnenkarriere nahm merklich an Fahrt auf.

Kennengelernt haben sich Christoph Maul und Jochen Schaible im Landestheater Dinkelsbühl. Der Schillingsfürster Kabarettist und sein  Musiker Martin Rohn aus Gailnau standen mit ihrem Programm „Mangel durch Überfluss“ auf der Freilichtbühne. Der „schweizer Franke“ war in Cahns Inszenierung „Das Boot“ als  auch in der Schlagerrevue „Und es war Sommer“ zu erleben. Jetzt gaben Christoph Maul und Jochen Schaible ihr  Debüt mit „Schaib­leweise aufs Maul geschaut“, bei dem sie sich in ihrer Arbeit gegenseitig befruchten.

Im Begrüßungsdienst: Werner Rauch.

Werner Rauch, geübt im Begrüßungsdienst als Stupfl-Faschingspräsident, trug diesmal Zivil und machte eine gute Figur bei der verheißungsvollen Einstimmung auf die Premiere im Doppelpack. Den beiden Akteuren gelang es schnell, die Lacher auf ihrer Seite zu haben mit einer amüsanten Foto-Session. Um der Datenschutz-Grundverordnung gerecht zu werden,  waren Papierstreifen als schwarze Balken für das Pubikum zur Tarnung vorbereitet.

Dann legte Christoph Maul los mit einem Streifzug durch die Themen. Er spannte  einen großen Bogen, aber schaffte es immer wieder, dem Publikum praktisches Wissen mitzugeben. Das politische Geschehen in Bayern verglich er mit einem schwierigen Beziehungsgeflecht. „Söder hatte Hubert Aiwanger und Katharina Schulze zur Auswahl, aber die schönere Braut hat er nicht genommen“. Man heiratet ja auch immer die Schwiegereltern mit. Die Aussicht auf Trittin und Roth: „Puhhh, wird das anstrengend“, dürfte sich Söder gedacht haben. Der FDP teilte der Kabarettist die Rolle des Cousins zu, „der auf Junggesellenabschieden immer überdreht“. Andrea Nahles von der SPD karikierte er „als Braut, die keiner mehr heiraten will“ und die AfD „als  Onkel im alten braunen Anzug, der immer nur meckert und mault. Man wünscht sich, dass ihm die Gräte mal im Hals stecken bleibt“.
Das Verhältnis zwischen Seehofer  und Söder beschreibt Christoph Maul mit dem Horrorgenres „Frankenstein“ und den Folgen des Handelns, mit dem sie ihr Überleben gefährden.  Söders Kreuzerlass nutzt Christoph Maul als Steilvorlage für spottende Kritik: „Schnelles Internet wäre wichtiger“. Auch die Bundeswehr mit ihren Materialproblemen bekommt ihr Fett weg: „Die ausgeliehenen ADAC-Hubschrauber fallen im Kriegsfall reihenweise als Gelbe Engel vom Himmel“.

Akzente gesetzt: Jochen Schaible und Christoph Maul mit ihrem gemeinsamen Programm.

Seine Bewertung zu Angela Merkel: „Jetzt, wo sie aufhört, gibt sie richtig Gas“. Die Pastorentochter sei  nun kämpferisch wie Luther: „Hier stehe ich und kann nicht anders“. Bisher habe sie eher wie Kohl agiert: „Hier sitze ich, ihr könnt mich mal“.

Christoph Maul stellt aberwitzige Verknüpfungen und abstruse Analysen an: Wenn der „Mann am Kreuz mit dem Waschbrettbauch“ im Zelt gestorben wäre, würde Söder sich heute vielleicht dafür einsetzen, das die Bundeswehr genug Zelte hat.“ Reinheitsgebot für Bier, Reformationsjubiläum, Dieselfahrverbot, Auswüchse der digitalen Gesellschaft („jeder macht von sich selber ein Selfie, aber keiner macht sich mehr von irgendetwas ein Bild“), eine Pressekonferenz beim FC Bayern mit zwei verurteilten Steuerhinterziehern, der Ausverkaufstag „Black Friday“ – Christoph Maul ist ein Erzähler, findet Übergänge und Zusammenhänge, wo eigentlich gar keine sind. Die scheinbar fränkische Naivität wird rhetorisch gekonnt eingesetzt.
Schlichtes Hemd und Hose gaukeln Hausbackenheit vor, sind aber schnell als Tarnung für einen guten Beobachter entlarvt. Der „Frankemer“ verpackt Realsatire in herrliche Szenarien und Geschichten. Seine Stärke ist auch der ganz spezifische Lokalkolorit. Da bringt er den Schillingsfürster „Nonnenbunker“ ins Gespräch oder den Dombühler Bürgermeister Jürgen Geier. Warum der politische und geografische Grenzgänger zwischen Hohenlohe und Schwaben den S-Bahn-Anschluss bis Crailsheim will? „Damit er an der Kirchweih nicht im Rathaus schlafen muss“.
Christoph Maul erzählt auch herrlichen Nonsens. Etwa vom Telefonieren per Freisprechanlage beim Autofahren mit einer Banane am Ohr wie mit dem Handy. Einen Heissluftballon benutzt er als Symbolik für Orientierungslosigkeit: „Politiker wissen oft weder wo sie sind, noch wo sie hinwollen. Und ein Haufen heißer Luft hat sie dahin gebracht, wo sie heute sind“. Auch das Loben wird nicht vergessen: Seinen Stupfl-Kollegen, mit denen er beim Fasching und beim Politiker-Derblecken gemeinsame Sache macht, zollte er große Anerkennung für das hohe Niveau. Durch seine Kabarett-Termine hat Christoph Maul noch mehr Vergleiche. Kürzlich trat er mit dem Kabarettisten und Hörfunkmoderator Matthias Matuschik in der Ammersee-Region auf. Geld zum Broterwerb verdient der Schillingsfürster nach wie vor bei einem Betten- und Objektausstatter in Neustadt an der Aisch, für den er bis nach Pakistan unterwegs ist. Die Erlebnisse mit fremden Kulturen spiegeln sich auch in seinem Programm wider.
Jochen Schaible setzte eigene inhaltliche Akzente. Mit Musik, Gesang, Entertainment-Faktor, variabler Stimme und komödiantischem Talent. In bildhaften Beispielen vergleicht der „schweizer Franke“ seine alte und neue Heimat. Arbeitet Unterschiede und Gemeinsamkeiten heraus. Augenzwinkernd veranschaulicht er die „nach innen gerichtete Lebensfreude“ von Franken und Schweizern. Die Lacher hatte Jochen Schaible besonders dann auf seiner Seite, wenn er zwischen Schwizerdütsch, Fränkisch, Sächsisch, Bayrisch und Hochdeutsch wechselte, um die regionalen Qualitäten darzustellen, aber auch die Abgrenzung.
Die Schwierigkeiten bei der Nutzung des automatischen DB-Reiseservice macht er zur Sketch-Comedy-Show. Mit der Barbara und ihrem Rhabarberkuchen hat Jochen Schaible einen Zungenbrecher aus der Rhabarberbarbarabar parat – und singt sich durch das Genre Musical. Rothenburg widmet er eine Hymne, aber auch sich selbst. Seine Biografie ist Teil des Programms. Vom Freizeitmusiker beim „Hesselberg-Express“ hat es der Ehinger zum Kabarettisten, Sänger, Schauspieler und Moderator gebracht. Der Ausbildung zum Elek­troniker („auf dem Land lernt man erst mal etwas Gscheits“) folgte ein Studium zum Sport- und Gymnastiklehrer, das er zu Ende gemacht hat.
Durch Zufall kam er zu einem Musical-Workshop und schloss eine professionelle Ausbildung an. Jochen Schaible schnupperte Bühnenluft und ist seitdem infiziert. Er beherrscht auch die Kunst des unmerklichen Sprechens als Bauchredner. Sein tierischer Begleiter „Rössli“ darf die eigenen Interessen durchsetzen und mit Witz und herzlicher Unverschämtheit die Herzen der Zuschauer zu erobern versuchen.
Am Ende der abwechslungsreichen Vorstellung gab es satten Schluss-
applaus für den doppelten Kabarettspaß. Das Publikum verließ amüsiert die Halle und nahm jede Menge Gesprächsstoff mit nach Hause. sis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*