Praxisklasse der Mittelschule nahm sich des Barfußpfads des Haus Gotteswegs an
ROTHENBURG – Wenn Menschen in ihrem Handeln und Tun einen Sinn sehen und erleben, entwickeln sie Leidenschaft und Freude. Dies gibt dem Lernen eine ganz andere Bedeutung. Lernen durch Engagement – was ist das? Menschen engagieren sich für andere und sammeln damit Lernerfahrungen.

Felix (2.v.li.), Bewohner des Haus Gotteswegs, mit Nicolas Torski (rechts), Schüler der Praxisklasse, beim Armdrücken. Betreuerin Claudia Hildenstein leitet sie dabei an. Fotos: privat
Es ist ein Konzept aus dem Bereich „Service–Learning“, welches Sebastian Reichenbach, katholischer Religionslehrer, an die Valentin-Ickelsamer-Mittelschule gebracht hat. „Service–Learning“ ist eine Lehr- und Unterrichtsform, die gesellschaftliches Engagement von Schüler/innen mit schulischem Lernen verbindet. Das ist die Idee, die dahintersteht. Die Kinder und Jugendlichen setzen sich, eingebunden in Schule und Unterricht, für soziale, ökologische, kulturelle oder politische Belange ein. Sie arbeiten dabei mit Partnern in Stadtteil oder Gemeinde zusammen.
Bei einem Treffen mit dem Rektor der Mittelschule, Markus Heindl, Sebastian Reichenbach und der Leitung der Förderstätte der Diakonie Neuendettelsau, Ruth Eisen-Klagges, wurde das Konzept vorgestellt. Die Förderstätte der Diakonie ist in Nachbarschaft der Valentin-Ickelsamer-Mittelschule und war erster Ansprechpartner für gemeinsame Projekte. In der Einrichtung für Menschen mit Behinderungen ist die Mittelschule auf großes Wohlwollen gestoßen. Sofort wurden erste gemeinsame Ideen besprochen und geplant. In drei Klassen der Mittelschule wurde mit der Umsetzung bereits im laufenden Schuljahr begonnen.
Eines dieser Projekte wurde kürzlich im Rahmen einer Feier im Haus Gottesweg gebührend reflektiert und wertgeschätzt. Die Praxisklasse hat den Barfußpfad der Einrichtung für Menschen mit Behinderungen verkürzt, erneuert und ein Geländer angebracht. Den Betreuerinnen der Bewohnergruppe, Claudia Hildenstein und Heike Wasilewski, ist es zu verdanken, dass die Menschen mit Handicap, soweit möglich, aktiv an dem gemeinsamen Projekt teilhaben konnten. Sie hatten die baulichen Vorhaben im Blick, koordinierten den Arbeitseinsatz von Schülern und Bewohnern, nahmen sich Zeit für Fragen und Austausch.

Erstes gemeinsamen Begehen des gebauten Barfusspfades.
Die Schüler der Praxisklasse bekamen Erklärungen zu bestimmten Krankheitsbildern und Anleitung zum Umgang mit den ihnen anvertrauten Menschen. Es fanden gemeinsame Frühstückspausen statt und bald hatte man sich sehr aneinander gewöhnt. Einem Team von vier Schülern oblag die gesamte Organisation des Projektes. Sie planten, kalkulierten, berechneten, schaufelten, gruben, reparierten, schleppten und legten mit großer Hilfe ihrer Klassenkameraden den Barfußpfad des Haus Gottesweg neu an.
Fäden zusammenführen
Elke Rohmer, pädagogische Fachkraft der Praxisklasse und Schulsozialarbeit, führte die Fäden dieses Projektes zusammen und war im Hintergrund bei Problemen zur Stelle. Die Klassenlehrerin Natascha Kühn organisierte mit und trug, genau wie die Fachlehrer der Praxisklasse, Katharina Winkler, Michael Rieger und Doris Hilpert, innerhalb ihres Unterrichtes fachspezifisch zum Gelingen des Projektes bei.
Die Erfahrungen, die die Jugendlichen bei diesem Projekt machen konnten, deckten Unterrichtsinhalte aus den Fächern Mathematik, Technik/Werken, Deutsch,/den Gebrauch der Sprache im Umgang mit gehandicapten Menschen, Religion, ethische Fragen, Sport und Bewegung, Soziales, das gemeinsame Frühstücken, sowie einen großen Anteil an sozialem Miteinander, Rücksicht, Hilfe und Engagement ab und konnten so dem Konzept „Lernen durch Engagement“ überaus Rechnung tragen. Am Tag der Einweihungsfeier rückten die Schüler mit Grill in der Einrichtung an und nach Dankesworten, sowie einem Zertifikat für soziales Engagement, konnte die gemeinsame Begehung des neuen Barfußpfads sowie ein anschließendes gemütliches Beisammensein gestartet werden.
Wie gut die Beziehungen gewachsen sind zeigt eine kleine Begebenheit. Als die Feier bereits beendet war und die Schüler nach Hause durften, schmuggelten sich diese in den Gruppenraum der Bewohner. Die Schüler mussten mehrfach aufgefordert werden, die Gruppe der Einrichtung für Menschen mit Behinderungen zu verlassen. Die Bewohner brauchten ihre tägliche Ruhephase, und an diesem Tag umso mehr, da eine solche Feierlichkeit ein anstrengender Tag für die Bewohner ist. „Wir laden euch ein, ihr könnt jederzeit bei uns vorbei kommen, es ist so viel zwischen uns gewachsen, wir freuen uns immer, wenn ihr kommt“, beendete Claudia Hildenstein diesen Tag.
In einem Team, bestehend aus der Leitung und den Betreuerinnen der Einrichtung für Menschen mit Behinderungen sowie einem Team der Valentin-Ickelsamer-Mittelschule wurden bereits neue Pläne geschmiedet. Es gibt einige Ideen für weitere gemeinsame Projekte. Der Seniorenbeirat hat bereits Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet. Bei einem Besuch in Berlin hat Elke Rohmer die Netzwerkkoordinatorin von „Lernen durch Engagement“, Silke van Kempen, von der Arbeit in Projekten der Valentin-Ickelsamer-Mittelschule informiert und die Schule dem bundesweiten Netzwerk angeschlossen.
Aktuell läuft, auch in Zusammenarbeit mit der Förderstätte der Diakonie Neuendettelsau ein Trommelprojekt. Kinder der Ganztagesklasse 5 besuchen einmal in der Woche die Seniorengruppe der Einrichtung. Sie musizieren und basteln gemeinsam. Auch auf ein „Nachbarschaftscafè“, zu welchem an einem Nachmittag durch die Klassen 8GT und 9M der Mittelschule eingeladen wurde, kam sehr gute Resonanz. Jugendliche der Mittelschule konnten Erfahrungen machen, die ihnen der gewohnte Schulalltag nicht vermitteln kann.
Anhand eines Fragebogens nutzten die Jugendlichen diesen Nachmittag auch, um zu analysieren, wo in der „Bleiche“ Bedarfe sind, die durch Projekte der Mittelschule, das Engagement der Schülerschaft unterstützt oder behoben werden können. elr
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