Abiturienten zum Engagement in Gesellschaft aufgerufen
ROTHENBURG – Hat der Ernst des Lebens bereits mit der Einschulung begonnen oder geht er für die Gymnasiasten, die nun ihr Abitur in der Tasche haben, jetzt erst los? Jeder der 52 Abiturienten wird diese Frage von Schulleiter Walter Först bei der feierlichen Verabschiedung für sich beantworten müssen. Fest steht aber, dass sie bald in der einen oder anderen Form „Verantwortung für die Welt“ übernehmen werden.

Die 52 Abiturienten des Reichsstadt-Gymnasiums freuen sich auf den nächsten großen Abschnitt in ihrem Leben. Fotos: Scheuenstuhl
Wenn man nach dem Abi-Lied geht, dann sehen die jungen Leute vor allem positiv in die Zukunft. So heißt es in einer Zeile selbstbewusst: „Die Schule ist jetzt aus, wir sind raus, wir ham’s drauf, jetzt geht’s los“ – eine Steilvorlage für die Rede ihres Schulleiters. Alle Herausforderungen, mit denen die frischgebackenen Abiturienten von nun an konfrontiert werden, werden ihnen nichts anhaben können, denn: Sie haben’s ja drauf!
Da wäre zum einen die nun geforderte größere Selbstständigkeit: Weder Eltern noch Lehrer werden sich von nun an „so intensiv, so liebevoll und streng“ um sie kümmern wie bisher, ist Walter Först überzeugt. Für den Massenbetrieb an den Universitäten werden sie sich „schon erheblich umstellen“ müssen. Vielleicht geht der Ernst des Lebens für den einen oder anderen aber auch erst nach dem Studium los?
In den vergangenen 25 Jahre befand sich die Welt in einem „enormen Wandel“. Und auch in dem nächsten Vierteljahrhundert wird es zahlreiche Innovationen, Erfindungen und Entwicklungen geben, die das Leben der Menschen wieder in neue Bahnen lenken werden. Ohne den jungen Leuten, die sich auf ihren nächsten Lebensabschnitt freuen, Angst machen zu wollen, zählte der Schulleiter eine Reihe an Begebenheiten auf, die ihm Sorge machen. Darunter etwa das große Desinteresse gegenüber dem Klimawandel unter den Mächtigen der Welt, das angeschlagene Verhältnis zwischen Amerika und Deutschland, die Wahl von undemokratischen Autokraten und das Fehlen von „Nächstenliebe“ in den sozialen Beziehungen.

Abiturientenvertreter: Noah Schmidt und Thorben Riehe.
Angesichts dieser „turbulenten Zeiten“, gab er den Abiturienten mit auf den Weg, sich nicht abhängen zu lassen, sich zu engagieren und sich um ihre Mitmenschen und um die Welt zu kümmern. Bürgermeister Kurt Förster, der den Preis der Stadt Rothenburg an die beiden Jahrgangsbesten vergab (wir berichteten), äußerte die Hoffnung, dass von den gut ausgebildeten jungen Leuten einige wieder den Weg in die Heimat finden und dort Verantwortung, etwa in der Kommunalpolitik, übernehmen. Einige von den diesjährigen Abiturienten würden wohl nicht so recht wissen, wie oder warum genau das mit dem Schulabschluss überhaupt geklappt habe, so stellvertretender Schulleiter Dr. Nikolaus Kocher in seiner Begrüßung. Er hob auch den „nicht unbedeutenden Anteil“ der Lehrer an der Erlangung der Hochschulreife hervor, deren Ermahnungen und Hinweise durchaus eine „wichtige Unterstützung“ für den einen oder anderen gewesen waren.
Die Abiturientenvertreter Noah Schmidt und Thorben Riehe ließen die Zeit am Rothenburger Reichsstadt-Gymnasium auf äußerst unterhaltsame Weise noch einmal Revue passieren. In ihrer launigen Rede gab es neben Dank auch Kritik, vorgetragen mit viel Ironie und Augenzwinkern. Für die nachfolgenden Abitur-Jahrgänge baten sie bei den Verantwortlichen um eine Lockerung der strikten Regeln für den Abi-Scherz.
Oberstufenkoordinator Tom Greve sagte öffentlich zu, dass angesichts des lobenswerten Verhaltens in diesem Jahr, die nächsten Abiturienten freier bei der Gestaltung sein werden. Stephan Pehl vom Elternbeirat wünschte den jungen Leuten, dass sie einen „vernünftigen Einstieg“ in ihr berufliches Leben finden werden und empfahl ihnen, „Wandel als Chance und nicht als Bedrohung“ zu sehen.
Und Ute Kraus, Vorsitzende des Fördervereins des Reichsstadt-Gymnasiums, schwörte sie in WM-Manier darauf ein, dass der „Wettkampf“ jetzt erst losgehe. Ausdauer, Kraft und vor allem ein „wacher Geist“ seien in den nächsten Jahren gefordert. Darüber sollten sie immer im Auge behalten, Mannschaftsspieler zu bleiben. Die Verabschiedung der Abiturienten wurde vom Orchester mit den Stücken „Maria“ und „Summer Nights“ umrahmt. mes
Was ist das für eine Generation, wo die Jungs, bis auf einen in Ihren lächerlichen Konfirmationsanzügen auftreten ?