Für die nächste Generation

Stadt sucht Ehrenamtliche für Schulprojekte – Infoveranstaltung im Mai

ROTHENBURG – Wer kennt das nicht? Eigentlich würde man sich schon gerne sozial engagieren, doch das passende Format hat sich bislang noch nicht finden lassen. Vielleicht hat da der Bereich Gemeinwesen und Soziales der Stadt gerade das richtige Angebot in petto: Für die beiden Projekte „Hilfe für Schüler“ und „Schülercoaching“ werden nämlich Ehrenamtliche gesucht. Die einzige Voraussetzung: Man sollte Kinder und Jugendliche mögen.

Hoffen auf weitere Mitstreiter, die Schülern in Rothenburg zur Seite stehen möchten (v.l.): Günther Kuch, Irmgard Fischer, Inge Schönemann, Edda Jursa und Edgar Rieß. Foto: Scheuenstuhl

Als vor vier Jahren die „Hilfe für Schüler“ ins Leben gerufen wurde, lief das Projekt gleich gut an. Knapp zwei Dutzend Freiwillige wollten Grundschülern in Rothenburg etwas unter die Arme greifen. Kurze Zeit später meldete die örtliche Mittelschule Bedarf an Wegbegleitern für ihre Schützlinge an. Nach einer Anfrage bei Dr. Andreas Pauldrach, der das sogenannte „Schülercoaching“ bereits an der Mittelschule in Burgbernheim betreute, konnte dieses Projekt auch in Rothenburg auf den Weg gebracht werden – mit anfangs elf Freiwilligen.

Edgar Rieß ist einer davon. „Das könntest du eigentlich machen“, dachte er sich, als er 2015 eine entsprechende Annonce in der Zeitung las. Sein ganzes Leben habe er in der Wirtschaft „unter Druck gearbeitet“, sagt er, nun wollte er sich sozial engagieren. Im Rahmen des Schüler-  coachings bedeutet dies, einen Schüler oder eine Schülerin über mehrere Jahre, meist ab der 7. Jahrgangsstufe, bis zum Qualifzierenden Mittelschulabschluss zu begleiten.
Es sei aber keine Nachhilfe, betont Edda Jursa, die ebenfalls seit Beginn des Projektes mit von der Partie ist. Vielmehr geht es darum, Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und Motivation des Schülers zu stärken und zu festigen. Ob man dies mit Gesprächen, Unternehmungen oder Aktivitäten (etwa Eis essen gehen, Fußball spielen, gemeinsam kochen und dergleichen) erreichen möchte, kommt ganz auf das Interesse des Schülers und die Neigungen des Freiwilligen an. Der schulische Erfolg kann dann ganz automatisch kommen, hat Edda Jursa die Erfahrung gemacht. Wenn man sich geachtet fühlt, stärkt das die Persönlichkeit und man nimmt bestimmte Dinge, etwa das Lernen oder Praktika, ganz anders in Angriff.
Regelmäßige Begegnungen
Da ein Freiwilliger nie mehr als einen Schüler zur selben Zeit begleitet, spricht man auch von einem Coaching-Tandem. Die Begegnungen sollten regelmäßig stattfinden. Aber auch hier richtet sich das Pensum nach den Möglichkeiten des Ehrenamtlichen. „In den Ferien oder aufgrund von Urlaub fällt die Begleitung natürlich aus“, versichert Irmgard Fischer, Leiterin des Bereichs Gemeinwesen und Soziales der Stadt. Die Freiwilligen werden also nicht in ein starres zeitliches Korsett gezwängt.
Für Edda Jursa ist auch wichtig, dass man zwar Kontakt zu den Eltern hat, sich aber nicht mit ihnen gegen den Schüler verbündet. Dies hat vor allem deshalb Gewicht und Signalwirkung, weil man die Jugendlichen eben auch ein Stück weit „über ihre Pubertät hinüberbegleitet“. Beiderseitiges Vertrauen, Empathie und Verständnis sind somit Grundpfeiler des Coaching-Tandems.
Aber wie immer wenn zwei Menschen in Kontakt treten, kann es eben auch einmal passieren, dass die „Chemie nicht stimmt“. In solchen Fällen ist es jederzeit möglich, die Begleitung einzustellen. Die Ehrenamtlichen sind aber nicht auf sich allein gestellt. Zum einen tauschen sie sich regelmäßig unterei-nander über ihre Erfahrungen aus. Zum anderen findet mehrmals im Jahr eine Supervision – also eine Art Beratung – statt, die fachlich fundiert von Matthias Kaller durchgeführt wird. Er ist Psychologe und Leiter der Eltern-, Jugend- und Familienberatungsstelle beim Landratsamt.
Während beim Schülercoaching vor allem die Persönlichkeitsentwicklung des Schülers im Vordergrund steht, ist die Tätigkeit bei der „Hilfe für Schüler“ stärker auf den Unterricht bezogen. Günther Kuch hat sich für dieses Projekt bereits     engagiert, als es noch vom Kinderschutzbund durchgeführt wurde. Zielgruppe dieses unterstützenden Zusatzangebotes in der Grundschule waren zu Beginn ausschließlich Kinder ohne Deutschkenntnisse, die aber dennoch der Schulpflicht unterlagen.
Parallel zum Unterricht
Er selbst hat einmal eine Klasse mit sechs solcher Kinder erlebt. Dank der Unterstützung durch Ehrenamtliche haben alle „ohne Probleme“ auf die weiterführende Schule wechseln können, zwei von ihnen sogar auf das Gymnasium, erinnert sich Günther Kuch. Mittlerweile kommen aber auch Schüler mit anders gelagerten Sprachdefiziten oder Lernschwierigkeiten allgemein in den Genuss der Förderung, die parallel zum Unterricht durchgeführt wird. In der Regel geben die Lehrkräfte dabei Anleitung und stellen entsprechendes Übungsmaterial zur Verfügung.
Weitere Einsatzmöglichkeiten bei dem Projekt „Hilfe für Schüler“ gibt es in der Mittagspause oder am Nachmittag. Hier können Freiwillige und Schüler gemeinsam zur Abwechslung auch einmal sportlich, handwerklich oder künstlerisch tätig sein. In dieses Angebot sind die Grundschule sowie die Realschule und das Förderzentrum miteinbezogen. Aber nicht nur die Schüler profitieren von dieser Zeit mit den Freiwilligen.
Begeisterung der Kinder 
Es sei ein schönes Gefühl gewesen, sagt Günther Kuch, als zwei Schüler Jahre nach der Zeit im Projekt auf der Straße voller Freude auf ihn zugekommen seien. Auch seine ehrenamtliche „Kollegin“ Inge Schönemann hat schon die Begeisterung der Kinder in Form von Begrüßungsrufen und stürmischen Umarmungen erlebt, wenn die Förderzeit anstand.
„Es ist eine ,win-win-Situation’ für alle“, bringt es Irmgard Fischer auf den Punkt. Menschen, deren eigene Kinder schon längst erwachsen sind – und bei denen auch schon die Enkel aus dem Gröbsten heraus sind – können dadurch den „Anschluss an die Jugend“ halten und haben ein gutes Gefühl „aktiv in der Gesellschaft dabei zu sein“. In gewisser Weise wirke das Engagement wie ein „geistiger Jungbrunnen“.
Aber nicht nur Senioren sind als Mitstreiter der momentan elf („Hilfe für Schüler“) beziehungsweise neun („Schülercoaching“) Ehrenamtlichen willkommen, sondern all jene, die mit beiden Beinen im Leben stehen. Um die beiden Projekte näher vorzustellen und direkt auf Fragen Interessierter eingehen zu können findet am Donnerstag, 3. Mai, um 19 Uhr in der Valentin-Ickelsamer-Mittelschule eine unverbindliche Informationsveranstaltung statt. Irmgard Fischer betont, dass es dabei rein um die Vorstellung der Projekte geht und niemand dazu aufgefordert werde, an Ort und Stelle eine Entscheidung über ein Engagement zu treffen.
Bei der Veranstaltung werden Vertreter der beteiligten Schulen in Anwesenheit von Schulamtsdirektor Hans Hauptmann ihren Bedarf an und die Einsatzmöglichkeiten für die Ehrenamtlichen vorstellen. Außerdem erzählen jene Engagierten, die seit Anfang an mit dabei sind, von ihren Erfahrungen und stehen Rede und Antwort. mes

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*