Pfarrhäuser und ihre Geschichte

Denkmalpfleger Prof. Dr. Bedal hat sie erklärt

ROTHENBURG – Viel mehr als nur ein Wohnhaus für die Pfarrersfamilie sind die Pfarrhäuser – und bis heute spielen sie vielfach noch eine wichtige Rolle, auch wenn immer mehr ihre alte Funktion verlieren. Rothenburgs Denkmalpfleger Prof. Dr. Konrad Bedal hat die interessante Kultur- und Baugeschichte fränkischer Pfarrhäuser vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert aufgezeigt.

So malerisch liegt das ehemalige Pfarrhaus hinter der Gattenhöfer St. Michael-Kirche.

So malerisch liegt das ehemalige Pfarrhaus hinter der Gattenhöfer St. Michael-Kirche.

Heutzutage findet sich manch ehemaliges Pfarrhaus als umgenutztes oder umgebautes Wohnhaus wieder, manche stehen wie Dorf-Schulhäuser auch leer. Zusammen mit der Kirche und der Schule waren sie stets fester Bestandteil der Dorfgemeinschaft. Und das Rothenburger Land weist einige besonders schöne Pfarrhäuser auf. Unter dem Thema „Nicht Dorfhaus und nicht Villa” ergänzt seit Juni eine bis Mai 2018 verlängerte Ausstellung in der Spitalkirche Bad Windsheim das Thema. Es ist ein Blick auf ein Stück Kultur-, Sozial- und Gesellschafts-Geschichte, die bis in die Gegenwart hineinwirkt.

Prof. Dr. Konrad Bedal hat jetzt mit seinem Vortrag im Freilandmuseum aufgezeigt wie interessant das Studium der Pfarrhausbauten in Franken sein kann. Er zeigte sehr anschaulich anhand von Bauzeichnungen, Architekturplänen und Fotos die Entwicklungsgeschichte einzelner Bauten auf, wobei auch die Pfarrhäuser im Gebiet des Altkreises eine Rolle spielten. Das historische große Pfarrhaus von 1777 in Gattenhofen gehört für ihn in die Kategegorie herausragender Pfarrhäuser, es trägt auch noch ein Patrizierwappen. Malerisch mit dem großen Garten am Hang zur Kirche und Friedhof hin errichtet bietet es reizvolle Perspektiven und stand doch länger leer, denn die zur Steinsfelder Gemeinde gehörende Kirche ist nur noch schwach besucht, die eigene Pfarrstelle längst passe. Zur Zeit dient es wengistens einer Familie als Wohnhaus.

Zimmerleute, Maurermeister, und Handlanger („Leute die fronen mußten“) waren an den Bauten beteiligt, deren Fertigstellung früher ein großes Ereignis für das ganze Dorf war. Aufzeichnungen belegen zum Teil akribisch genau auch Auseinandersetzungen um Bauweise und Ausführung. „Nur wer laut schreit, wird gehört”, meinte Bedal und erinnerte an manche Wünsche der Pfarrer, was die Ausstattung anbelangte. In Pfarrhäusern finden sich Studierstuben oder, als besonderer Luxus, auch mal ein „Badstüblein“.

Manchmal waren es herrliche Anlagen wie z.B. der Pfarrhof Schwimbach bei Thalmässing mit dem Haus von 1659, dem Stadel von 1750 und zugehörigem Back- und Waschaus sowie Hoftor um 1750. Ein Sonderfall ist Frankens wohl ältestes und größtes Pfarrhaus, der Sebalder Pfarrhof in Nürnberg. Häufig aber lagen Pfarrhäuser eher bescheiden abseits oder hinter der Kirche. Vor der Reformation, also zur katholischen Zeit, fehlte es natürlich an Kinderzimmern und erst in den evangelischen Häusern werden diese eingeplant.

Die Besonderheit eines „Kabinettla“, das meist mitbeheizt war, findet sich in alten Pfarrhaus-Baubelegen und Prof. Bedal fragte, ob es vielleicht sogar im Pfarrhaus erfunden wurde. Als das schönste Pfarrhaus in Franken sieht Dr. Bedal das Roßtaler an, das einen beeindruckenden Bauquerschnitt von 1459 zeigt. Der Zusammenhang mit der bäuerlichen Bauweise sei meistens unverkennbar, aus dem 16. Jahrhundert sind nur wenige Pfarrhäuser erhalten. Zu den Fachwerkkonstruktionen gesellen sich vorrangig im Altmühlgebiet Massivbauten, die Formen verändern sich im Laufe der Zeit, dann kommt die Mode auf das Fachwerk zu übertünchen wie man es auch aus Städten wie Rothenburg vereinzelt kennt.

Denkmalpfleger Prof. Dr. Konrad Bedal. Fotos: diva

Denkmalpfleger Prof. Dr. Konrad Bedal. Fotos: diva

Viele Baudenkmale

Prof. Bedal verwies auf etliche interessante Bauten in der Gegend von Ipsheim oder Burgbernheim bis nach Insingen (wo noch eine Pfarrscheune aus dem 17./18. Jhd. steht) oder Detwang im Rothenburgischen. Das nicht mehr als Pfarrhaus genutzte Leuzenbronner Pfarrgebäude von 1680 wurde zwar im Innern in den Sechzigern verändert, bleibt aber auch wegen seines Fachwerks interessant. In Bad Windsheim hat er sogar ein regelrechtes „kleines Pfarrviertel” rund um die Kilianskirche ausgemacht, zu dem drei Häuser gehörten, wovon auch das älteste von 1471 noch erhalten ist und eine Bohlenstube besitzt. Eines der ältesten Pfarrhäuser überhaupt könnte jedoch in Detwang stehen und im Kern aus der Zeit um 1250 stammen, wie Prof. Bedal für denkbar hält, aber es fehle noch an sicheren Erkenntnissen. Die Blütezeit des Pfarrhausbaus sieht er im 18. Jahrhundert. Nach 1720 habe es einen Umbruch im Pfarrhausbau gegeben, was an der Architektur sichtbar ist. Äußerlich taucht jetzt das Vollwalmdach auf, die Giebel verschwinden und „man schämt sich des Holzfachwerks”. Der Ansbacher Pfarrhaus-Architekt Johann David Steingruber (1702 – 1787) hat seine Spuren vielfach hinterlassen.

Professor Dr. Bedal verstand es das Thema sehr unterhaltsam zu vermitteln und anhand von alten Aufzeichnungen auch manches Geschehen im Pfarrhaus heiter zu beleuchten. diba

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