Anfassen erlaubt

Altes Holz, neue Kunst

ROTHENBURG – Ausstellung in der Franziskanerkirche: Die Besucher streichen vorsichtig über die Maserungen und Rundungen der Holzskulpturen. Die Arbeiten des aus Schleswig-Holstein stammenden Bildhauers Walter Green dürfen angefasst werden. „Bitte berühren“ ist deshalb auch der Titel der Präsentation, die noch bis 28. September zu sehen ist.

Neue Kunst in der Kirche: Jede Figur hat ihren spezifischen Ausdruck. Foto: Schäfer

Neue Kunst in der Kirche: Jede Figur hat ihren spezifischen Ausdruck. Foto: Schäfer

Seine Skulpturen fertigt der Künstler aus ausrangierten Hölzern, aus alten Balken, Schwellen, Pfählen und Abbruchhäusern. Er erhält dabei die Spuren ihrer ehemaligen Verwendung oder arbeitet sie aus Überzeugung in seine Figuren mit ein. Mit christlichen Motiven verleiht er ihnen eine neue Bedeutung. Die menschliche Gestalt selbst spricht aus den Skulpturen von Walter Green. Sie ist durch die maximale Reduktion der Form auf die Aussage christlicher Motive und poetischer Zitate konzentriert.

Jede Skulptur ist nach der gleichen Form gestaltet, in welcher aus dem weitgehend unbearbeiteten Balken der Kopf herausgebildet ist. Doch sind in der angedeuteten Haltung und der Spannung zwischen dem rohen Balken und dem Kopf, Ethos und Bedeutung der Figur verdichtet. Der Künstler schafft so einen beeindruckenden Spannungsbogen zwischen Morbidität und ausdrucksstarker Lebendigkeit. Ausdrücklich wird auf Schildern dazu eingeladen, die Kunstwerke zu berühren. So kann der Kontrast der Figuren auch ganz direkt begriffen und erfahren werden.

Die Geschichte des Materials ist für den Künstler genauso wichtig wie die Form. Schier unendlich muss der Erfahrungsschatz eines alten Baumes sein, hat er doch die Veränderungen um sich herum während eines Jahrhunderts erlebt und Generationen Schatten gespendet. Walter Green ist ein Künstler, der den Geschichten eines Baumes lauscht und dessen Eigenarten für seine Skulpturen herausarbeitet und sichtbar macht.

Zu sehen ist die Ausstellung in der Franziskanerkirche täglich von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr. Am Sonntag ist von 10.30 bis 17 Uhr geöffnet. Viele Besucher kommen in die Kirche. Manche suchen Stille, manche möchten beten, wieder andere wollen sich die Kirche einfach anschauen. Manche haben Fragen zur Kirche. Und nicht wenige suchen einen Menschen, der ihnen zuhört. Es gibt einen Kreis engagierter Ehrenamtlicher, die eine solche Kirchenöffnung ermöglichen. sis

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