Ganz im Wetterglück

Inszenierungen zur Rothenburger Reichsstadt-Geschichte

ROTHENBURG – Wie es im Leben so ist, geht nicht immer alles glatt. Das war früher nicht anders als heute. Im Mittelalter konnte der Medicus seinen Patienten helfen. Vor allem Herrscher und reiche Bürger nutzten seine Fähigkeiten. Ausgerechnet am vergangenen Festwochenende, wo zahlreiche historische Gruppen wich­tige Epochen der reichsstädtischen Vergangenheit Rothenburgs nachzeichneten, krankte am Hofstaat des Königs Rudolf I. von Habsburg die medizinische Versorgung.

Stadtgeschichte auf der Marktplatzbühne: Im Bauernkrieg schlug sich Rothenburg 1525 auf die Seite der Bauern ­– mit blutigen Folgen. Fotos: Schäfer

Stadtgeschichte auf der Marktplatzbühne: Im Bauernkrieg schlug sich Rothenburg 1525 auf die Seite der Bauern ­– mit blutigen Folgen. Fotos: Schäfer

Im Rahmen der Reichsstadt-Festtage pilgerte das Volk am Samstagnachmittag zahlreich zur Roßmühle, um sich von dem angekündigten „Medicus“ zeigen zu lassen, wie die Wundversorgung im Mittelalter gehandhabt wurde. Blutige Kriege waren seinerzeit keine Seltenheit und die Soldaten mussten schnell medizinisch versorgt werden. Für reiche Familien galt bereits die freie Arztwahl. Doch nur wer es sich leisten konnte, durfte auf Hilfe hoffen.

Die Historiengruppe wurde von einem auswärtigen Heilkünstler, den sie auf einem Mittelaltermarkt in Feuchtwangen kennengelernt hatte, glatt versetzt. Die Gunst der Stunde schlug daraufhin einer passionierten Handarbeiterin am Spinnrad vor dem Zelt, die mit ihrer Leidenschaft für die alte Handwerkskunst beeindruckte und ihr Wissen gerne an die Zuschauer weitergab.

Der Spielmannszug und die Junge Schar des Festspiels hatten ihr Lager am Grünen Markt aufgeschlagen und zogen musizierend durch die Stadt, um unterhaltsames Spektakel zu verbreiten. Ebenso wie die Gauk­lergruppe „Mummenschanz“. Die lautstarken Darbietungen kollidierten nicht nur einmal mit den kleinen szenischen Theaterstücken unter der Regie von Reiyk Bergemann. In der Rolle der historischen Figur des „Pickelherings“, eine lustige Person von Komödiantengruppen im 17. Jahrhundert, führte er durch das Programm der „Schlaglichter“, die zur 40-Jahrfeier der Reichsstadttage eingeführt wurden und auch die Ursachen und Anfänge des Bauernkriegs beleuchten. Auf der Bühne vor dem Rathaus standen neben Freien Reichsstädtern zu Rothenburg auch Mitwirkende des Schillingsfürster Bauernhaufens, der Schwarzen Schar Ohrenbach und Hauptdarsteller der Florian-Geyer-Festspiele aus Giebelstadt.

In der Tillywache sind zwei Zwillingsbrüder aus Creglingen aktiv, die zu Rothenburg als ihre Geburtsstadt einen besonderen Bezug haben. Aus der Nähe von Dresden reiste das Garderegiment zu Pappenheim an und schlug sein Offizierslager im Sterngarten auf.

Die Schäfertänzer zeigten am Samstag unterstützt von Mitgliedern der Volkstanzgruppe Geslau eingeübte Volks- und Figurentänze aus Franken, die auch über die fränkischen und deutschen Grenzen hinaus getanzt wurden, wie der Schlamperer, Dreher oder Stampfer. Am gestrigen Sonntag führten acht Schäfertanz­paare den traditionellen Freudentanz auf, bei dem auf Pfiffe des Oberschäfers die Tanzfiguren wechselten.

Mit höfischen Reigen und Weisen aus dem Mittelalter und der Renaissance belebte die Rothenburger Stadtpfeifferey die Stöberleinsbühne, den Burggarten, den Goethe-Garten und das Klingentor mit der in die Befestigungsanlage eingebauten St.-Wolfgangskirche.

Anhänger der Musikanten aus dem Mittelalter vermissten das bekannte Gesicht Günter Förster, der sich zurückgezogen hat aus der Gruppe, die an dem kleinen Platz vor dem ehemaligen Gefängnis übersprudelte vor Wein, Weib und Gesang. Leicht genervt reagierte das Ensemble auf die Unterbrechungen ihrer Auftritte, die von vorbeiziehenden Musikgruppen gestört wurden. Man müsste halt Rücksicht aufeinander nehmen bei Art und Umfang der gemeinschaftlichen Aktivitäten.

Die Münzer von Rothenburg prägen alte Geldmünzen.

Die Münzer von Rothenburg prägen alte Geldmünzen.

Bei den Rothenburger Münzern gehörte Reinhard Michel zur Kundschaft, der echtes Geld prägte, wie es um das Jahr 1622 in und um Rothenburg als Zahlungsmittel im Umlauf war. Der Gast aus dem Raum Köln war mit seiner Frau vor dreißig Jahren schon mal in Rothenburg – zufällig an den Reichsstadttagen. Diesmal buchten sie ihren dreitägigen Aufenthalt bewusst zu dem Festwochenende und ließen keine Darbietung aus. Im Kaisersaal wurde zweimal der „Meistertrunk“ gespielt. Vor dem Burgtor gastierte die Blaskapelle Steinach/Ens unter der musikalischen Leitung von Eva Häberlein. In der Rödergasse musizierte ein Schwedenreiter mit einem Freund aus Dorfprozelten.

Auch Kinder und Jugendliche begeistern sich fürs Mitmachen. Theresa (15), Alessandro und Raphaela (beide 9 Jahre alt), beteiligten sich mit vorsichtigem Holzhacken am „Mittelalterlichen Lagerleben“ in der Herrngasse. Bei der Schwarzen Schar bekam der 4-jährige Florian von Papa Andreas Geuder das Schnitzen gezeigt. Echte Typen und schräge Vögel zogen die Blicke auf sich: vom Weißkopfadler, Wüstenbussard bis zum Schopfkarakara mit buntem Schnabel. Die Reichsstadttage im Wetterglück – das sorgte für gute Laune bei Mitwirkenden und Besuchern. Sie brachten dem Tourismus gute Buchungszahlen ein. Alle drei Tage besaßen ihre Besonderheiten. Auch der gestrige Sonntag, traditionell der Haupttag. Siehe auch Bericht auf der Seite Kreis Ansbach. sis

Ein Kommentar zu Ganz im Wetterglück

  1. Christine Mayr sagt:

    Keine Erwähnung im Bericht der Ritterschar die schon seid 40 Jahren treu an den Reichsstadttagen teilnimmt…..Sehr schade und nicht nachvollziehbar….

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