Hochbetrieb beim „Storchenpapst“

Thomas Ziegler beringt derzeit viele Jungstörche – Visite wird zum Wiedersehen mit Freunden

HETZWEILER/WEISSENKIRCHBERG – Immer um diese Zeit hat Thomas Ziegler (67) alle Hände voll zu tun. Er betreut rund 70 Nester des Weißstorchs vor allem im Landkreis Ansbach und im Landkreis Donau-Ries. Eile ist angesagt, denn der Nachwuchs muss beringt werden, bevor er flügge wird. Nach Hetzweiler und Weißenkirchberg kommt Ziegler besonders gern.

„Storchenpapst“ Thomas Ziegler präsentiert hoch oben am Nest in Hetzweiler den eben beringten Jungvogel. Fotos: Weber

„Storchenpapst“ Thomas Ziegler präsentiert hoch oben am Nest in Hetzweiler den eben beringten Jungvogel. Fotos: Weber

Denn dort erwartet den ehrenamtlichen Mitarbeiter der Vogelwarte Radolfzell, wie auch diesmal, nicht nur ein Wiedersehen mit Freunden, sondern auch eine Schar von Kindern, die Meister Adebar und seine Jungen mit Gesang hochleben lässt.

Eine Abordnung der Feuerwehr Herrieden begleitet traditionell die Visite Zieglers hier. Maschinist Holger Leis und er sind schon alte Bekannte. Marco Hofmann sitzt unten am Steuerpult. Im Korb am Ende der Drehleiter ihres Fahrzeugs hieven sie den pensionierten Lehrer aus Feuchtwangen so an die beiden Nester in luftiger Höhe heran, dass er den Jungvögeln ohne große Verrenkung ihr Erkennungszeichen verpassen kann.

Es handelt sich dabei um zwei Kunststoffteile. Sie werden um das linke Bein gelegt und per Klick verbunden. Ziegler achtet darauf, dass der Ring den Vogel nicht in der Bewegungsfreiheit einschränkt. Anhand der aufgeprägten Buchstaben- und Ziffernfolgen lässt sich später genau feststellen, aus welchem Nest er stammt und wie alt er ist.

Klick: Der Ring aus zwei Kunststoffteilen legt sich um das Bein.

Klick: Der Ring aus zwei Kunststoffteilen legt sich um das Bein.

Bei der Beringung gibt es von Seiten der Vögel keinerlei Widerstand. Der Altvogel verlässt das Nest, kreist erst ein paar Runden und nimmt dann in respektvollem Abstand seinen Platz ein. Von dort beobachtet er die Aktion. Die Jungvögel erstarren in einer Art Schutzreflex und stellen sich leblos. Ziegler kann in aller Ruhe agieren.

Den von der höheren Naturschutzbehörde bei der Regierung von Mittelfranken offiziell bestellten Vogelexperten nennen sie den „Storchenpapst“. Ihn freut es besonders, dass der Weißstorch längst nicht mehr zur Seltenheit gehört in unserem Bereich. Vor gut 40 Jahren sah es nämlich ganz anders aus. Damals hatte sich die Population auf einen letzten Rest reduziert. Gerade noch fünf Storchenpaare brüteten hier. Heute sind es 50.

„Die Störche haben ihren Zugweg verändert“, begründet Ziegler. Früher blieben bei der Überquerung der Sahara viele der großen Vögel auf der Strecke. Inzwischen fliegen die meisten Störche gar nicht mehr über die Meerenge von Gibraltar, sondern überwintern in Spanien, wo sie auf den Mülldeponien der Großstädte reiche Nahrung finden.

Kulturfolger

Der Storch hat sich zum Kulturfolger entwickelt, lebt in großem Maß von den Hinterlassenschaften des Menschen. Auch bei uns. Ziegler berichtet von 20 bis 30 Störchen auf einmal, die sich an der großen Kompostieranlage in Waizendorf bei Bechhofen niederlassen. Sie versorgen sich dort mit Lebensmittelresten und mit Mäusen, finden einen reich gedeckten Tisch vor, wo sie in kürzester Zeit enorme Mengen an Nahrung aufnehmen können.

In freier Natur das zu finden, was sie für sich und ihren Nachwuchs brauchen, würde ein Vielfaches an Zeit und Einsatz erfordern. Pro Kopf braucht ein Storch etwa 1000 Regenwürmer oder etwa 20 Mäuse pro Tag. Für den Nachwuchs schlingt der Vogel die Nahrung erst hinunter, würgt sie dann am Nest aus und verfüttert sie.

Öttingen im Kreis Donau-Ries hat sich inzwischen mit seinem Storchenbestand zu einem Rekordhalter in Zieglers Zuständigkeitsbereich entwickelt. Dort gibt es in der Altstadt auf einer Fläche von gerade 200 mal 200 Meter sage und schreibe 19 Brutpaare mit Nestern. Daran freut sich nicht jeder. -ww-

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