„Baradiesischi Zeide“ mit Blues

Harry Düll und Manfred Kern waren die besondere Empfehlung beim „Edzerdla“-Mundartfestival

ROTHENBURG – Wenn dieser Tage durch das „Edzerdla“-Festival viel von Mundart die Rede war, so sind dabei Rothenburg-Bezüge offensichtlich. Der Gitarrist Harry Düll und der Lyriker Manfred Kern waren würdige Repräsentanten aus der Reichsstadt beim Großereignis in Burgbernheim. Dabei gingen früher sogar entscheidende Impulse zur Dialektpflege von Rothenburg aus.

Lesung und Musik: Manfred Kern, Harry Düll.  Fotos: diba

Lesung und Musik: Manfred Kern, Harry Düll. Fotos: diba

Eingebettet ins Programm prominenter Protagonisten auf der Festival-Hauptbühne waren die gebürtigen Rothenburger (Kern lebt heute jedoch in Coburg) mit Musik und Lyrik gut vertreten. Werke aus Kerns neuestem Buch (erstmals im ars vivendi-Verlag) „Baradiesische Zeide” erwiesen sich als fruchtbare Quelle. Dazu ließ Harry Düll virtuos die Blues-Gitarre erklingen und brillierte außerdem mit einem E-Gitarrenstück. Seine Soli sind feinsinnig abgestimmt auf die Thematik. Er überzeugt auch mit selbst kombinierten Instrumentals im Fingerpicking-Stil.

Unter Kennern werden die beiden zunehmend gebucht, machen sich auch im Hohenlohischen einen Namen (Konzert in der Schrozberger Kirche). Mit ihrer CD „Habbag auf dem Highway“ als akustisches Road Movie haben sie sich selbst eine hohe Messlatte gesetzt und auf dem Kapellenberg am Sonntagnachmittag bewiesen, wie ernsthaft, nachdenklich, einfühlsam, ja geradzu magisch Dialekt und Musik sein können.

„Baby dess woars” betitelt Kern ein Gedicht: „Dess is bloaß,/wallis nidd iwwer die Libbe bring./ drum schreiwis,/und in Mundard, unsrer Geheimsproach,/ dia außer uns ball kanner mehr redd,/ und wer außer dir will dess lese?” Doch das Festival macht Hoffnung, dass es auch künftig genug gibt, die „es reiide un lese welle”.

Als nächster öffentlicher Auftritt stehen die „Baradiesischen Zeide” mit Manfred Kern und Harry Düll in Nürnberg an. Dort treten sie am Sonn­tag, 14. August, im Kulturladen Nord auf.

Was Harry Düll betrifft, so gibt es vor allem seit eineinhalb Jahren die künstlerische Partnerschaft mit seiner Frau Bettina Hirschberg. Sie sind unter anderem in der anspruchsvollen Städtischen Kulturreihe Bietigheim am 3. Februar 2017 gefragt. „Nächtliche Begegnung“ heißt ihr erstmals bei Korn im Februar 2015 vorgestelltes Programm. Es ist ein Anknüpfen an die früheren professionellen Auftritte Hirschbergs, die mit ihren Liedern und Chansons ebenso wie als Pianistin und Lyrikern im deutschsprachigen Raum sehr medienpräsent war.

Vor der Haustüre:  Der Kapellenberg mit Streuobstbühne und Blick auf die Frankenhöhe.

Vor der Haustüre: Der Kapellenberg mit Streuobstbühne und Blick auf die Frankenhöhe.

Wenn „Edzerdla“ jetzt in aller Munde ist, dann sei erinnert, dass bereits im Oktober 1978 ein großes Dialekt-Ereignis in Rothenburg stattfand: Die 3. Internationalen Dialekt-Arbeitstage mit zahlreichen namhaften Autoren aus dem gesamten deutschsprachigen In- und Ausland. Dabei ist Wilhelm Staudacher zu gedenken, dem Mitbegründer des (erst vor einiger Zeit wiedererstandenen) Internationalen Dialekt-Institutes Wien (IDI).

Heute ist es noch die Mundartautorin und Dichterin Gertrud Schubart, die den Dialekt verkörpert. Sie hat nicht zuletzt durch ihr Rothenburger Mundart-Wörterbuch viel für die Sprachforschung geleistet. Am „Dialekt-Nachwuchs“ fehlt es allerdings in der Tauberstadt, auch wenn „Edzerdla“ Hoffnung macht. diba

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