Da läuft die Galle über

SPD ärgert sich über die Selbstdarstellung der CSU – Strobl: Schlechter Stil

ROTHENBURG – Eigentlich ruhige Zeiten für die Rothenburger SPD. Wenn es nicht die örtliche CSU gäbe. Die hat nämlich wieder einmal einige Unruhe und Verärgerung in die Reihen der Genossen gebracht. Konkret ist damit die Jahresbilanz gemeint, die von der Union gezogen wurde. SPD-Stadtrats-Fraktionsvorsitzendem Dr. Günther Strobl geht die Galle hoch, wenn er in der Zeitung von all den Segnungen lesen muss, die sich die CSU ganz allein anrechnet.

Am Präsidiumstisch: von links Schriftführerin Susanne Schmidt, Kassiererin Petra Reihs, Vorsitzender Gün­ther Schuster, Landtagsabgeordneter Harry Scheuenstuhl und stellvertretender Vorsitzender Axel Zeuleis.

Am Präsidiumstisch: von links Schriftführerin Susanne Schmidt, Kassiererin Petra Reihs, Vorsitzender Gün­ther Schuster, Landtagsabgeordneter Harry Scheuenstuhl und stellvertretender Vorsitzender Axel Zeuleis.

Habe bei uns im Stadtrat etwa allein die Union das Sagen, fragt er und muss in der SPD-Jahreshauptversammlung im Saal des „Ochsen“ schon mehrfach durchschnaufen, um seinen Ärger unter Kontrolle zu halten. Die Galle sei ihm übergelaufen, als er von all den „CSU-Verdiensten“ gelesen habe. Dabei verfüge die Union mit ihren sechs Sitzen bekanntlich weder über die absolute noch über die relative Mehrheit.

Mit ihren sechs Sitzen sei die SPD genauso groß. Und sie sei sich, abgesehen davon, dass sie viele Impulse gebe und die Beschlüsse des Gesamtgremiums auch zu ganz wesentlichen Teilen mittrage, ihrer Verantwortung in vollem Umfang bewusst.

Folgerichtig angespannt

Derzeit sei die finanzielle Lage der Stadt wegen der vielen gleichzeitig laufenden Großprojekte folgerichtig angespannt. „Extratouren kann man sich da nicht erlauben,“ betont der Fraktionsvorsitzende im Hinblick auf die zurückliegenden Haushaltsberatungen. Wegen des aus seiner Sicht größer angelegten Versuchs zuletzt, gemeinsame Errungenschaften als ihre eigene zu verkaufen, schreibt er der Union eine schlechte Punktzahl für Sozialverhalten und Wahrheitstreue ins Zeugnis und attestiert schlechten Stil.

In seinem Überblick auf die derzeit laufenden Großprojekte spricht Dr. Günther Strobl die vor der Vollendung stehende Mehrzweckhalle besonders auch mit ihren Bereichen als Depot fürs Archiv und als Übungsraum für Jugendbands an.

Er freut sich über die anstehende Punktlandung bei der Erweiterung und der Sanierung der Topplerschule zur Rothenburger Grundschule. Moderne Räume gebe es jetzt schon im Anbau dort. Weitere werden im Altbau hinzukommen. Alle Räume sind mit modernen Medien wie elektronischen Tafeln („White­boards“) ausgestattet.

Campus-Vorfreuden

Mit diesem Projekt in unmittelbarem Zusammenhang steht der „Campus Rothenburg“, der schon im Herbst dieses Jahres in ersten kleinen Anfängen (einige Module) in Betrieb gehen soll. Mit dem Auszug der Luitpoldschule und dem Einzug am Topp­lerweg steht das Gebäude am Hornburgweg für Universitätszwecke zur Verfügung und kann in ersten Teilbereichen hergerichtet werden. Das betrifft vor allem auch die Toiletten, die verglichen mit dem bisherigen Bestand etwas mehr auf Höhe gebracht werden müssen.

Im Weiteren geht er auf das Schülerwohnheim-Projekt im Spitalgebäude ein, auf Zukunftsmusik um die Mittelschule (Sanierung oder Neubau), auf die Spazierwege um die Altstadt, auf die zum Teil 100 Jahre alten und oft dringend zum Austausch anstehenden Gasleitungen in der Altstadt, auf die Flüchtlings-Situation und auch auf das Thema „bezahlbare Wohnungen“.

Die Geehrten mit Abgeordneten (ganz links) und Ortsvorsitzendem (Dritter von links). Fotos: Weber

Die Geehrten mit Abgeordneten (ganz links) und Ortsvorsitzendem (Dritter von links). Fotos: Weber

Vorher hatte Günther Schuster als Vorsitzender des Ortsverbands das zurückliegende Jahr als „insgesamt ruhig für Rothenburg und unseren Ortsverein“ umrissen, „obwohl Europa und die Welt von Krisen und Problemen überhäuft wurden.“ Klassiker wie Sommerfest, Seniorennachmittag, Heckenwirtschafts-Besuch und Gebrauchtfahrrad-Basar haben wieder gutes Echo gefunden. Über Rothenburg hinaus hat der politische Frühschoppen mit dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel für Aufmerksamkeit gesorgt.

Das Themenspektrum bei Veranstaltungen des Ortsvereins sei mit der kritischen Analyse des G 8 durch Oberstudiendirektor Walter Först, mit „Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung“ durch Notar Holger Freitag sowie mit dem aktuellen Nahostvortrag durch Claus Herbst fachlich qualifiziert und ansprechend abgerundet worden.

„Unsere Genossinnen und Genossen sind fest im Gemeinwesen verankert,“ betont Schuster und dankt allen, die sich für die Partei und für das Wohl unserer schönen Stadt eingesetzt haben: in Vereinen, Verbänden, in der Kirchenarbeit, beim Ort der Vielfalt, bei der Flüchtlingshilfe im Arbeitskreis Asyl und oft in führender Funktion. Außerdem werde die Bevölkerung regelmäßig zu Bürgerrunden eingeladen – mit Diskussion aktueller Probleme.

Der Westen hat’s eingebrockt

Längere Passagen seiner Ausführ­ungen widmet der Ortsvorsitzende dem Flüchtlingsproblem, wobei er ganz dezidiert auf die eigentlichen Ursachen eingeht. Besonders spricht er auch die unmögliche Konstellation an, für die der Westen schon vor und nach dem Ersten Weltkrieg im Nahen und Mittleren Osten gesorgt hat. Die Globalisierung brandmarkt er als „jahrzehntelange Geschäftemacherei mit Billigprodukten, mit subventionierten Agrarproduktuen, mit Rohstoff-Ausbeutung vor allem auch in Afrika.“ Das habe die dort heimischen Märkte oft im Keim erstickt.

Ein Zitat aus dem Magazin „Spiegel“ ist für ihn die punktgenaue Umschreibung des Spagats zwischen fürchterlichem Flüchtlingselend und schäbigem Investoren-Kalkül: „Der Westen, der so stolz auf seine Werte ist, verschließt seine Grenzen für verängstigte Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben. Aber er öffnet sie für schmutziges Geld auf der Suche nach einer besseren Anlage.“ Der Steuerbetrug der Superreichen mit „Panama-Papers“ sei nur durch Schlupflöcher möglich, die dringend geschlossen werden müssen.

Bei Themen wie Altersarmut, Mindestlohn und Renten könne die SPD ihr soziale Profil schärfen und sich von der CDU abgrenzen, die von Kanzlerin Angela Merkel „sozialdemokratisiert“ worden sei. Könne ein SPD-Bundesvorsitzender, der Wirtschaftsminister ist, die Interessen des kleinen Mannes und der Arbeiterschaft glaubhaft vertreten, fragt Schuster. Und gibt auch gleich die Antwort: Diese Grätsche sei wohl kaum zu schaffen. Nur glaubwürdige Politiker gewännen Wahlen, wie Malu Dreyer, Winfried Kretschmann und auch Martin Schulz zeigen.

Petra Reihs konnte die Genossen bei ihrem ersten Bericht als Kassiererin positiv für sich einnehmen, nicht nur weil sie unter dem Strich fast ein fünfstelliges Guthaben zu verkünden hatte. Bernhard Benz lobt als Kassenprüfer die vorbildliche Führung der Konten und Unterlagen. Die Entlastung der Vorstandschaft erfolgte schließlich unter solchen Vorzeichen flott und einstimmig.

Gefälligere Sprachregelung

In seinem Referat versuchte Landtagsabgeordneter Harry Scheuenstuhl aus Wilhermsdorf die Genossen auf eine gefällige Sprachregelung zur Flüchtlingslage einzuschwören, verteidigte den Wirtschaftsminister und Parteivorsitzenden und umspannte darüber hinaus ein weites Themenfeld. Das reichte vom Mindestlohn über die Agenda 2010, TTIP, Rentenalter, Lehrerstellen-Ausstattung, Straßenausbau-Beitrag bis hin zur Härtefallregelung beim Abwasser und zu den Schutzstreifen für Grundwasser an Flüssen, Bächen und Seen.

Zu wählen hatten die Genossen an diesem Abend auch, aber das betraf lediglich die Delegierten und Ersatzleute für die Unterbezirks-Parteitage und die Kreisdelegiertenkonferenz. Für 40 Jahre Mitgliedschaft wurden darüber hinaus geehrt: Wolfgang Bohn, Grete Knappik, Kurt Förster und Herbert Krämer-Niedt, für 20 Jahre Klaus Brandl, Petra Förster und Hermann Uhl. Langjährigen, die nicht anwesend waren, wird Urkunde und Tropfen nachgereicht. -ww-

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