„Der Himmel war rot und die Flak donnerte”

Am heutigen 31. März 1945 ging fast die Hälfte der Altstadt unter – Peter Kuper erinnert sich als Pimpf im Buch „Hamlet“

ROTHENBURG – „Es hat eine Erschütterung gegeben, als ob der ganze Boden auseinanderfliegt, die Sirene heulte und wir haben die ganze Stadt brennen sehen!” So beginnt Peter Kuper in seinem Buch „Hamlet“ die Schilderung des Bombenangriffs, der heute am 31. März genau vor 71 Jahren stattfand. Damals war Ostersamstag und fast die Hälfte der Altstadt versank in Schutt und Asche.

Am 31. März 1945 kam der Bombenkrieg nach Rothenburg und zerstörte ganze Gassen

Am 31. März 1945 kam der Bombenkrieg nach Rothenburg und zerstörte ganze Gassen

Der Autor schildert wie er schon eine ganze Zeit vorher vom Schwimmbad kam und auf dem Weg Staniolpapier sammelte, was wie Christbaumschmuck ausgesehen habe. Die Oma habe ihm verboten es anzufassen, weil es giftg sei und von den Amerikanern zur Radarverzerrung abgeworfen wurde. Auf unserer Rothenburger Feuilletonseite an Ostern haben wir „Hamlet“, die 555 Seiten umfassende Erzählung Kupers besprochen, die 1980 im März-Verlag von Jörg Schröder erschienen ist und für Kenner zu einer Art Kultbuch wurde.

Beeindruckende Aufbauleistung: neu erstandene Galgengasse.   Foto: diba

Beeindruckende Aufbauleistung: neu erstandene Galgengasse. Foto: diba

Nachfolgend gehen wir anläßlich des heutigen Jahrestages vor allem auf die Schilderung des Bombenangriffs in dem Werk ein. Wie berichtet ist Peter Kuper von Frankfurt gekommen und in der Mer­gentheimer Straße direkt vor dem Klingentor bei seinen Großeltern aufgewachsen. Er hat das Drama als Neunjähriger selbst erlebt. Manche Orts- und Sachangaben sind aber offenbar nicht stimmig, worauf wir hinweisen (oder Einzelnes gleich weglassen). Manche Schilderung bringt jedoch auch neue interessante Erkenntnisse.

Wehrmachts- und SS-Soldaten scheinen in der ehemaligen Fasshalle am Brauhausgelände in den letzten Kriegstagen einquartiert gewesen zu sein, den Keller der Großeltern Kupers hatten sie für Lagerzwecke für Lebensmittel und Waffen benutzt. Und Kuper, der damals noch HJ-Pimpf war, berichtet von einer amerikanischen „fliegenden Festung“ (schwerer Bomber Boing B-17), die in der Nähe von Rothenburg abgestürzt sei. Als Kind sei er zusammen mit deutschen Soldaten sogar vor Ort gewesen. Er schreibt: „Die Piloten waren verschmort, wir klauten eine Art Plexiglas, das stank und rußte – wir nahmen es mit in die unterirdischen Gänge von Rothenburg“. Dort waren die Buben oft beim Stachern.

Sich sicher gefühlt

Die Rothenburger hätten nicht geglaubt, dass sie noch bombardiert werden. Vor der Stadt sei noch allerhand Kriegsmaterial gestanden mit Lastwagen, Treibstoff und Panzern. Kupers Tageszeitangabe zum Luftangriff ist im Buch falsch (es war am Karsamstag gegen Mittag), aber er schildert eindringlich wie man in den Felsenkeller rannte und dort anderthalb Stunden ausgeharrt habe. Die Flak habe man donnern hören und immer wieder ein „Wumm“ im Keller. Als dann seine Oma Anne Seufferlein raufgegangen sei, sei die Innenstadt in Flammen gestanden.

Buchzitat: „Der Himmel war rot, die kleinen Silberfische hoch oben waren die Funken vom Brand. Meine Mutter wollte zu Tante Meider in die Galgengasse, aber Soldaten hielten sie zurück und sagten, wir lassen das brennen und bleiben hier”. Die Nacht habe man im Keller verbracht, anderntags seien seine Mutter Elisabeth Valentina Kuper (geb. Seufferlein aus Rothenburg) und die Oma in die Stadt. Überall habe man Sanitäter und Frauen mit Rotkreuz-Armbinden gesehen. Onkel Willi und Tante Meider seien dann in der Mergentheimer Straße einquartiert worden.

Peter Kuper erinnert sich, dass er nach dem Angriff zum erstenmal Tote und Verbrannte gesehen hat. Auch habe er russische Kriegsgefangene bei Schanzarbeiten beobachtet. Am Gymnasium bzw. der Luitpoldschule soll es ein OKW-Reifenlager gegeben haben? Viele Löschschläuche seien undicht gewesen, die Leute hätten Eimerketten gebildet, Frauen und Männer geweint, als sie später versuchten in die ausgebrannten Häuser zu gehen. Aber selbst auf dem zerstörten Rathaus sei die Nazifahne nochmal aufgezogen worden, man habe Durchhaltebefehle in der Stadt angebracht.

Hoffnung trog

Einige Seiten weiter schildert der Autor, dass er vom Dachfenster seines Elternhauses in der Mergentheimer Straße gesehen hat wie sich vom Taubertal über die Franzosensteige die ersten US-Panzer (am 16./17. April) vorgeschoben haben. Dahinter seien Soldaten mit Karabiner gelaufen: „…da bin ich wie ein Wahnsinniger rübergerannt zu meiner Mutter und habe gebrüllt: Mamma guck dir das an!” Unten im Taubertal habe ein SS-Trupp noch mal hastige MG-Salven „reingejagt, um das Großdeutsche Reich zu erhalten“.

Hinweise erbeten

Im Garten habe man tagelang Verwundete versorgt und der Gasthof Klingentor wurde von den Amerikanern beschlagnahmt, auf dem großen Eichen-Schreibtisch seines Vaters sei ein Amerikaner verarztet worden. In vielen Details schildert Peter Kuper auf mehreren Seiten das Leben mit den Amerikanern nach dem Einmarsch. Nach fünf Monaten hätten die US-Soldaten das Elternhaus dann wieder ganz der Familie überlassen, man arrangierte sich… diba

Bitte der Redaktion: Falls jemand aus eigener Erinnerung oder Erzählungen etwas ergänzen kann, so bitten wir um Nachricht an die Redaktion. Gesucht ist auch weiterhin Bildmaterial aus der Zeit des Kriegs­endes und von den Jahren danach.

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