Freiwillig geht wenig

In der Gleichstellung der Geschlechter gibt es noch einiges zu tun

ROTHENBURG – Bereits zum vierten Mal in diesem Rahmen, fand vergangenen Dienstag die Veranstaltung zum internationalen Weltfrauentag in Rothenburg statt. Das erste Mal diente die Reichsstadthalle als Veranstaltungsort. Und war sehr gut besucht. Ein vielfältiges und buntes Programm führte zu einem geselligen und lehrreichen Abend.

„Die selbstsichere Frau verwischt nicht den Unterschied zwischen Frau und Mann – sie betont ihn.“ Das sagte einmal die berühmte Modeschöpferin Coco Chanel. Stadträtin Jutta Striffler griff jenes Zitat zum Ende ihres Grußwortes auf und gab damit schon mal eine Richtung für die abendliche Veranstaltung vor. Der internationale Weltfrauentag 2016 behandelte wieder Themen im Rhamen der Frauenrechte in der Welt, des Weltfriedens und der Gleichberechtigung. Zu Beginn des Abends sorgte das Trommel-Trio „Red and the Colours“ für Aufmerksamkeit. Ihre Rhythmen waren der Auftakt zu einem kurzweiligen und vielseitigen Programm mit viel Lyrik, Poesie und Musik zum Thema.

Die Weltkugel als Symbol für globale Verbundenheit. Die „Weltfrauen“ sind mitten drin und voll dabei. Fotos: Götz

Die Weltkugel als Symbol für globale Verbundenheit. Die „Weltfrauen“ sind mitten drin und voll dabei. Fotos: Götz

Dass der Abend in dieser Form überhaupt erst Realtität wurde, ist der gemeinsamen Arbeit von Evangelischem Frauenbund, den Ort der Vielfalt-Mitgliedern und den „Weltfrauen“ um Beate Zerkowski zu verdanken. Nicht zu vergessen auch die Rothenburger Stadträtinnen. Jutta Striffler, Silke Sagmeister-Eberlein und Edith Hümmer waren auch am Abend präsent und sorgten mit für das leibliche Wohl der Gäste. Die Reichsstadthalle als Austragungsort, wurde den Frauen von der Stadt kostenlos zur Verfügung gestellt.

Nach dem musikalischen Auftakt wurde es politisch. Mitbürgerinnen, unter anderem aus der Türkei, Ungarn und Tansania, berichteten über die Situation von Frauen in den jeweiligen Ländern. Durchweg positiv beschrieben sie die Erfolge, die durch die verschiedensten Bewegungen in der Vergangenheit erzielt werden konnten, machten aber genauso darauf aufmerksam, dass man immer noch weit entfernt sei von einer Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann. So seien beispielsweise die gesetzlich zugesicherten Rechte für Frauen in der Türkei ähnlich denen in Deutschland, nur unterschieden sich dort Gesetz und Praxis erheblich. Nach wie vor würden viele Frauen unterdrückt und ausgenutzt. Stella Brown, die über Tansania sprach, lobte den dortigen Spagat zwischen dem Erhalt alter Werte und der Emanzipation, welchen das Land zunehmend besser hinbekäme.

Noch immer aber werden Frauen für gleiche Arbeit weitaus schlechter bezahlt als Männer. Das gilt nicht nur für Tansania, sondern für große Teile der Welt. Auch in Deutschland ist das immer noch das große Streitthema in der Geschlechterpolitik. Und damit auch in Rothenburg, wie Beate Zerkowski betont. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, sagt sie. „Das muss endlich Realitiät werden“. Der Mensch müsse im Vordergrund stehen, nicht das Geschlecht. Gleichzeitig fordert sie die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote für viel mehr Bereiche als nur in den Aufsichtsräten der großen deutschen Unternehmen. „Freiwillig rührt sich nichts.“

Aufmerksame Besucher an farbenfroh dekorierten, großen Gruppentischen.

Aufmerksame Besucher an farbenfroh dekorierten, großen Gruppentischen.

Zwischen Politik, Geschichte und Fakten zur Stellung der Frau, lockerte Dr. Cornelia Kartak die Stimmung mit Gedichten von Mascha Kaleko und musikalischen Darbietungen auf. Mit ihrer Stimme, Gitarre und Textauswahl traf sie den Nerv des Publikums, sorgte für einige Lacher und brachte vieles gekonnt und deutlich auf den Punkt. Hannelore Hochbauer las im Verlauf des Abends ein Märchen aus Tadschikistan.

Auch um die Frauenrechte in der Vergangenheit ging es. So bekamen beispielsweise bis vor 40 Jahren nur Kinder deutscher Väter die deutsche Staatsbürgerschaft. Kinder einer deutschen Mutter und eines ausländischen Vaters, waren somit staatenlos. Bis 1977 noch, durften Frauen nicht ohne die Erlaubnis ihres Mannes arbeiten. In der heutigen Zeit klingen diese Dinge verrückt, aber sie waren einmal real. Und manches ist es immer noch in Deutschland, wenn auch bei weitem nicht mehr in solchem Ausmaß.

„Zeit also sich zu bewegen“, riefen die Frauen von der Bühne und ernteten viel Zustimmung aus dem Publikum. Zum Ende der Veranstaltung kam es dann noch zum gemeinsamen Tanz. Der stieß auf viel Be­geis­terung und so hielten sich Frauen an den Händen und tanzten viele Minuten lang durch die große Reichsstadthalle. „Zeit sich zu bewegen“, wurde also gleich mal wörtlich genommen.

Die angesprochene Quotenforderung und gleichzeitig der Wunsch, dass der Mensch und seine Arbeit im Vordergrund stehen, das passt irgendwo nicht ganz zusammen. Bei einer Quote wird dem einen Geschlecht eine Mindestanzahl an beispielswiese Arbeitsplätzen eines Unternehmens zugesprochen. Das klingt wenig fair, bedenkt man, dass so ein vielleicht besser qualifizierter Bewerber des anderen Geschlechts nicht angenommen werden kann. Aber das war wohl auch das Einzige, was nicht passte, an einem Abend von Frauen für Frauen (und auch Männer, wenn sie denn wollten). Einem Abend der versuchte aufzuklären, aber auch zu Gemeinsamkeit führen sollte. Das Selbstbewusstsein der Frau weiter stärken wollte und mit Fakten darlegte, dass es überall auf der Welt, und auch immer noch in Deutschland, viel zu tun gibt in Sachen Gleichberechtigung. Gut, dass es Frauen gibt, die aufstehen und sich Unrecht nicht gefallen lassen, die den Unterschied zwischen Mann und Frau betonen, anstatt sich anzupassen. og

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