Die Lach-Heraufbeschwörer

Frankens beliebte Komödianten Heißmann und Rassau füllten die Reichsstadthalle

ROTHENBURG – Allmächdnaa. Gleich zu Beginn des Auftritts schütteten die fränkischen Komödianten, Volker Heißmann und Martin Rassau, ihre Spöttelei über den Rothenburger Veranstaltungsort aus.

Die Kult-Witwen Waltraud und Mariechen besingen „Die schönen Frauen von Fürth“. Fotos: Schäfer

Die Kult-Witwen Waltraud und Mariechen besingen „Die schönen Frauen von Fürth“. Fotos: Schäfer

Aus dem Nichts entdeckten die beiden volksnahen Stars Staub in der ausverkauften Reichsstadthalle als Schmutz abgetane Erscheinung – aber auch als häufige Verwendung in der Dichtung zwischen Metapher und Symbol. „Goethe war also auch schon da.“ Heißmann und Rassau kamen, spielten und siegten. Als Rentner-Charaktere, liebevoll-schrullig, manchmal auch fränkisch derb oder als lustige Witwen mit losem Mundwerk, die ihre Zipperlein mit Fassung tragen. Mit krachendem Humor, führten sie skurrile Gestalten vor und schufen einen Zerrspiegel, der die affektierten Alltäglichkeiten persiflierte. Ihre bunt gewandeten Auftritte sind Kult, ihr famoses Witwenpaar Waltraud und Mariechen Tradition. Ihre Fernsehauftritte tragen zum hohen Bekanntheitsgrad bei.

Der Lokalkolorit ist die Stärke des Duos, den direkten Draht zum Publikum herzustellen. Mit trockenem Humor witzelten die beiden Schlitzohren über Rothenburger Besonderheiten. Das Kino heißt „Ballhaus“, wunderten sie sich. Käthe Wohlfahrt bietet zum Christbaumschmuck auch Oster­eier feil und Gourmetkoch Christian Mittermeier steht kaum noch an seinem Herd, weil er dauernd irgendwo zu Events unterwegs ist.

Den „Meistertrunk“ des Festspiels titulierten sie zum „Sommerschluck“ um. Sie erwiesen sich auch als Fans des „Fol­ter­kam­mer­mu­seums“ und als Kenner des Taubertal-Festivals: „Die klassische Musik fehlt“, monierten sie und rümpften die Nase über das viele Pinkeln in freier Natur im „Lieblichen Taubertal“. Ihre Bewunderung galt dem Geschäftsmodell des Rothenburger Schneeballenkönigs („einmal backen, vier Wochen lang verkaufen“) und ihr Mitleid der asiatischen Kundschaft: Sie muss viel Flüssigkeit nachtrinken beim Verzehr des trockenen Gebäcks.

Mit fränkischen Frotzeleien, einem Haufen Gschmarri und skurrilen Gedanken, Monologen, Dialogen und Sketchen trieben sie den Unsinn auf die Spitze. Die „Toten Hosen“ als Grabsänger? Und wie wär’s mit der Inschrift auf der letzten Ruhestätte: „Wer erben kann, der kann auch gießen.“ Sie sinnierten über die großen und kleinen Alltäglichkeiten, kalauerten sich durch allerhand Untiefen des fränkischen Lebens, ratschten, philosophierten, jammerten über den ewig währenden Stress in den Beziehungen der Geschlechter und verstrickten sich im Dschungel der Missverständnisse ­– verwirrt von den ganzen technischen Begriffen wie „Äppel und Eier“ statt „Appel und iPad“ oder „Gewitter“ statt „Twitter“.

Ihr Programm lebt weniger von überraschenden oder anregenden Poi­nten, als von den großzügig überzeichnenden Darstellungen und dem Zusammenspiel der beiden Akteure. Vom Fall Hoeneß („im Knast ist wieder eine Zelle frei“) schwenkten sie zu den CSU-Granden Seehofer, Söder, Herrmann („Balu der Bär“). Sie tischten eine Geschichte auf mit abstrusen Verwicklungen und überraschenden Wendungen durch Heidi Klum und Kartoffelkäfer-Szenario.

Zwischen den Einlagen warben sie für ihr Buch „Das Leben ist kein Fleischsalat“, zeigte sich Rassau als Frauenflüsterer und Heißmann brillierte mit Gesangseinlagen. Das zündende Finale gehörte den „Schönen Frauen von Fürth“. Aufgehübscht als lustige Witwen im Zebra- und Gardinenmustergewand gaben sie Einblick in den Senioren­alltag und bewiesen, dass Erotik im Alter kein Tabu sein muss. Erbost berichtete Waltraud vom Exhibitionisten, der vor ihr den Trenchcoat öffnete. Was ihr just in diesem Moment einfällt? „Schrimps wollt’ ich noch kaufen.“

Guter Draht zum Publikum: Bei der Autogrammstunde kamen Stars und Fans ins Gespräch.

Guter Draht zum Publikum: Bei der Autogrammstunde kamen Stars und Fans ins Gespräch.

Immer wieder schlüpften sie in verschiedene Rollen zum Weihnachtsmarkt-Casting oder zur Busfahrt der besonderen Art. Nach der letzten kostenfreien Dreingabe hieß es Abschied nehmen mit einem aufrichtigen „Danke sagt der Franke“. Mit dem berührenden Lied mit viel Lebensweisheit „So leb dein Leben“ wurde das Publikum ermutigt, zu sich selbst zu finden. Bei der anschließenden Autogrammstunde im Foyer kamen die Fans den beiden Komödianten ganz nah und sparten nicht mit Lob über den „tollen Abend“. sis

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